28.08.2024, 13:25 Uhr
In der nächsten Woche wird die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Braunschweig zu einem bedeutenden Verfahren zusammenkommen. Am Dienstag, dem 3. September, beginnt der Prozess gegen Martin Winterkorn, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des VW-Konzerns. Dieser Prozess steht im Mittelpunkt von schweren Vorwürfen, die in direktem Zusammenhang mit den sogenannten Abschalteinrichtungen in den Motorsteuerungen von VW-Fahrzeugen stehen. Diese Thematik, die schon lange in der öffentlichen Diskussion ist, hat weitreichende rechtliche und gesellschaftliche Folgen.
Die Vorwürfe gegen Winterkorn umfassen schweren Betrug, uneidliche Falschaussage und Marktmanipulation. Im Kern der Anklage steht der Verdacht, dass VW-Kunden über die tatsächlichen Emissionseigenschaften ihrer Fahrzeuge, insbesondere hinsichtlich der Verwendung manipulierter Software, getäuscht wurden. Diese Software erlaubte es, die strengen Emissionsvorgaben nur während der Testphasen zu erfüllen, während die Fahrzeuge im realen Straßenverkehr weit über den erlaubten Stickoxidausstoß hinaus schütteten. Diese Täuschung führte möglicherweise zu erheblichen finanziellen Verlusten für die Käufer.
Klara Trennung der Verfahren
Ursprünglich richtete sich die Anklage gegen mehrere ehemalige VW-Mitarbeiter. Dennoch wurde das Verfahren gegen Winterkorn vor der Hauptverhandlung aufgrund gesundheitlicher Probleme des Angeklagten abgetrennt. Parallel dazu läuft die Verhandlung gegen andere vier Mitarbeiter seit September 2021 weiter, und es werden weiterhin Beweise gesammelt.
Ein weiterer schwerwiegender Vorwurf betrifft eine Aussage, die Winterkorn am 19. Januar 2017 vor einem Bundestagsuntersuchungsausschuss machte. Hier gab er an, erst im September 2015 von den Manipulationen erfahren zu haben, was als uneidliche Falschaussage gewertet wird. Der Staatsanwaltschaft zufolge hatte er bereits zuvor Kenntnis von den illegalen Abschalteinrichtungen und den damit verbundenen Risiken gehabt.
Verschleppte Marktinformation
Ein dritter Anklagepunkt bezieht sich darauf, dass Winterkorn den Kapitalmarkt nicht rechtzeitig über die Risiken informiert habe, die sich aus der Nutzung der unzulässigen Abschalteinrichtungen ergaben. Obwohl die amerikanischen Behörden am 18. September 2015 öffentlich über die Softwaremanipulation berichteten, erfolgte die Ad-hoc-Mitteilung von Volkswagen erst vier Tage später, am 22. September. Diese Verzögerung birgt ernsthafte rechtliche Konsequenzen gemäß dem Wertpapierhandelsgesetz, das vorstandsgeführte Unternehmen verpflichtet, relevante Informationen unverzüglich zu kommunizieren.
Es ist interessant zu bemerken, dass das Verfahren gegen andere hochrangige Angeklagte, wie den Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch und den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Herbert Diess, bereits im Mai 2020 eingestellt wurde, nachdem sie eine Geldauflage gezahlt hatten. Diese Entwicklung lässt vermuten, dass Winterkorns Fall möglicherweise eine andere rechtliche Tragweite hat und die Justiz eine klare Linie bei der Verfolgung dieser hochkomplexen und öffentlichkeitswirksamen Angelegenheit ziehen möchte.
– NAG