Neustadt/Spree. Die 90-jährige Hanne-Lore Krautz hat mit ihrer über 200 Seiten umfassenden Chronik „Chronik Neustadt-Spree“ ein bleibendes Erbe hinterlassen. Diese bemerkenswerte Publikation, die sich mit der lokalen Geschichte befasst, wurde vor kurzem im Rahmen ihres Geburtstags gewürdigt. Krautz kann auf eine bewegte Lebensgeschichte zurückblicken, die von ihrem interessierten Blick auf die Vergangenheit geprägt ist.
In ihrem bescheidenen Zimmer im Hoyerswerdaer Lauretius-Haus hat sie ein Schwarz-Weiß-Bild von sich und ihren drei Schwestern aufgestellt. Bei der Betrachtung ihres Lebens hat ihr Vater, ein Lehrer, einen entscheidenden Einfluss gehabt. Er förderte früh das Interesse seiner Töchter an der Herkunft und der kulturellen Identität. Diese Inspiration veranlasste Hanne-Lore, selbst Lehrerin für Biologie und Chemie zu werden. Im Jahr 1966 führte sie die Liebe nach Lausitz, wo sie ihre Lehrtätigkeit fortsetzte.
Ein Leben im Dienst der Heimat
Bereits 1981 trat Hanne-Lore Krautz dem Wunsch ihres Vaters nach und begann, Materialien für eine Chronik von Neustadt/Spree zu sammeln. Die Wurzeln dieser Erfassung reichen bis Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, als Lehrer August Konrad erste Aufzeichnungen machte. Krautz hatte Zugriff auf eine Fülle von Informationen, die sie durch eigene Recherchen ergänzen konnte.
Sie durchforstete Archive, Bibliotheken und Museen, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Ihre Chronik, die vor 20 Jahren mit dem Untertitel „Ein sorbisches Heidedorf im Spiegel der Geschichte“ veröffentlicht wurde, spiegelt die reiche Geschichte ihrer Heimat wider. Hanne-Lore Krautz‘ Engagement endet jedoch nicht bei dieser Chronik. Sie setzte sich aktiv für den Erhalt und die Förderung sorbischer Kultur ein, gründete eine Tanzgruppe und veröffentlichte Artikel in der sorbischsprachigen Presse.
Zusätzlich war sie in der Kommunalpolitik aktiv. Ihre politischen Aktivitäten begannen, als sie für die Liberal-Demokratische Partei LDPD in den Hoyerswerdaer Kreistag gewählt wurde. Sie übernahm wichtige Funktionen in der Gemeinde, wie die der Gemeinderätin und stellvertretenden Bürgermeisterin. Auch im Neustädter Heimatverein war sie eine relevante Stimme.
Trotz ihrer 90 Jahre blickt Hanne-Lore Krautz mit einer gewissen Nostalgie zurück und hat weiterhin den Wunsch, jünger zu sein, um vielleicht noch mehr bewirken zu können. Ihre aktuelle Lebenssituation im Laurentius-Haus ist geprägt von einem ruhigen Alltag, den sie mit Lesen und Kreuzworträtseln verbringt, während der Fernseher nur selten eingeschaltet wird. Ihre Erinnerungen an den kürzlich gefeierten Geburtstag sind von Freude geprägt, auch wenn sie von den Anstrengungen des Festes berichtet.
Krautz ist eine lebendige Zeitzeugin, die mit ihrem Lebenswerk eine wichtige Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft schlägt. Ihre Chronik und ihr unermüdlicher Einsatz für die Gemeinschaft verdeutlichen, wie individuell und bedeutend lokale Historien erlebt und bewahrt werden können. Es bleibt abzuwarten, welche neuen Geschichten sie uns noch erzählen wird, während sie der Hundert entgegensieht. Mehr Informationen dazu finden sich in einem Artikel auf www.saechsische.de.
