In Deutschland wird die Restitutionspraxis für NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut entscheidend reformiert. Bei einem kulturpolitischen Spitzengespräch am 9. Oktober 2024 haben sich die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), die Bundesländer und kommunale Spitzenverbände auf einen umfassenden Plan geeinigt, der die Einsetzung eines neuen Schiedsgerichts vorsieht. Dieses Gericht soll die bestehende Beratende Kommission ersetzen und dabei die Gerechtigkeitsansprüche der Opfer und ihrer Nachkommen stärken.
Im Zentrum des reformierten Ansatzes steht die „Gemeinsame Erklärung“, die sich an der Washingtoner Erklärung orientiert. Deutschland erkennt die historische Verantwortung für den Umgang mit Kulturgütern des NS-Regimes an. Die neue Vorgehensweise soll es ermöglichen, komplexe Rückgaben von Kulturgut, das während der NS-Zeit entzogen wurde, effizienter und gerechter zu gestalten. Der Fokus liegt besonders auf jüdischem Besitz, der während dieser dunklen Epoche verloren ging.
Einführung des Schiedsgerichts
Das Schiedsgericht NS-Raubgut wird eine zentrale Rolle in der Entscheidung über strittige Rückgaben spielen. Es wird von einer Kooperation zwischen Bund, Ländern, kommunalen Spitzenverbänden sowie dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Jewish Claims Conference getragen. Das Ziel besteht darin, faire und gerechte Lösungen zu finden, und es wird ein verbindlicher Bewertungsrahmen entwickelt, der die Arbeit des Schiedsgerichts leiten soll. Diese Struktur soll gewährleisten, dass sowohl die Ansprüche von öffentlichen Kultureinrichtungen als auch die der betroffenen Privaten berücksichtigt werden.
Der Zeitrahmen für die Implementierung sieht vor, dass das Schiedsgericht im Jahr 2025 seine Arbeit aufnimmt. Ein zügiger Fortschritt zur Unterzeichnung des Verwaltungsabkommens ist angestrebt, und die beteiligten Parteien werden sich bemühen, die notwendigen Beschlüsse in ihren jeweiligen Gremien schnellstmöglich herbeizuführen.
Die Schiedsgerichtsbarkeit wird für Antragstellende und Kulturgut achtende Einrichtungen kostenfrei sein. Ab 2026 werden die Kosten für das Gericht paritätisch zwischen der BKM und den Ländern aufgeteilt. Zudem wird es erwartet, dass die öffentlichen Einrichtungen eigene Angebote bereitstellen, um die Rückgabeansprüche effizient zu gestalten.
Hintergrund der Reform
Die grundlegende Überarbeitung ist nicht zuletzt das Resultat der Überlegungen aus einem Gespräch im März 2024, bei dem eine Reform der bisherigen Beratenden Kommission diskutiert wurde. Diese Reform trägt dem Anliegen Rechnung, die Prozesse zur Rückgabe von NS-Raubgut transparenter und gerechter zu gestalten. Historisch betrachtet ist der Umgang mit diesen Kulturgütern eine Frage der Gerechtigkeit, die viele Parteien in Deutschland umtreibt.
Deutschland ist sich seiner Verantwortung bewusst und möchte dieses Engagement auch durch die Stärkung der Provenienzforschung unterstreichen. Dies zeigt sich in der Ankündigung, dass im nächsten Kulturpolitischen Spitzengespräch ein entsprechendes Konzept zur Diskussion stehen wird. Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit diesen Themen stellt sicher, dass die dunkle Vergangenheit des Landes nicht in Vergessenheit gerät und dass die Opfer und deren Nachkommen die notwendige Anerkennung erfahren.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass mit den bevorstehenden Änderungen ein wichtiger Schritt in Richtung Gerechtigkeit und Transparenz im Umgang mit NS-Raubgut gegangen wird. Die Bemühungen um eine Reform zeigen eine klare Absicht, Schuld zu erkennen und Wiedergutmachung zu leisten. Dieses historische Vorhaben verdeutlicht den Ernst und die Dringlichkeit, mit der Deutschland sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt.