In Stralsund bricht für zwei Ökobauern eine herausfordernde Zeit an. Artwi van Boven und seine Partnerin Agnes Roither betreiben die Gärtnerei Tomte in Papenhagen, wo sie einmal wöchentlich frisches Gemüse auf dem Markt anbieten. Ihr Erfolgsrezept: regionales, ökologisch angebautes Gemüse, zertifiziert von der unabhängigen Stelle „Grünstempel“. Doch nun droht dieser Ansatz in Gefahr zu geraten, und zwar durch den Einsatz von chemischen Substanzen in der konventionellen Landwirtschaft in der Umgebung.
Der Hof von van Boven und Roither, der auf elf Hektar Fläche erstreckt ist, wird von konventionellen Feldern umgeben, auf denen unter anderem mit Clomazone, einem Herbizid, gespritzt wird. Was für konventionelle Betriebe erlaubt ist, könnte fatale Folgen für ihre ökologische Zulassung haben. Laut Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz ist Clomazone seit 2012 für die konventionelle Landwirtschaft zugelassen, nicht jedoch für den ökologischen Anbau.
Schäden durch Chemikalien
Frühjahr 2023 brachte die bittere Erkenntnis für die Gärtner: Die Auswirkungen von Clomazone sind verheerend. Besonders entlang der Grenze ihres Grundstücks zeigen sich die Schäden bei Sträuchern und Pflanzen. Die Blätter erscheinen wie gebleicht, das Chlorophyll wird herausgezogen, und viele Pflanzen sterben ab. Sogar eine gesunde Linde zeigt vertrocknete Äste, als ob sie mitten im Sommer leidet. Diese Schäden stehen im direkten Zusammenhang mit der benachbarten konventionellen Landwirtschaft.
Van Boven und Roither dokumentieren die Probleme akribisch. Ihr dicker Aktenordner enthält Fotos, Gutachten und zahlreiche Protokolle von Treffen mit Behörden. Doch die Enttäuschung bleibt, denn selbst wenn Clomazone nachgewiesen wird, hat dies für sie oft keine wesentlichen Konsequenzen.
Konflikt zwischen Anbaumethoden
„Clomazone ist zugelassen, und es wurden keine Verstöße festgestellt“, erklärt Agnes Roither. Doch die Frage bleibt: Wie kann die Koexistenz von konventionellen und ökologischen Betrieben auf einem so engen Raum funktionieren? Das Landwirtschaftsministerium in Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich optimistisch: Bereits ein Viertel der Betriebe arbeitet ökologisch. Trotzdem bewirtschaften diese nur 16 Prozent der Ackerfläche, was bedeutet, dass die Nachbarbetriebe, die Chemikalien verwenden, alltäglich Risiken für die Ökobetriebe darstellen.
Zusätzlich sind die Gärtner stark betroffen von neuen Anweisungen des Landesamtes für Landwirtschaft. Sie dürfen keine Pflanzen vermarkten, die „clomazonetypische Bleaching-Effekte“ aufweisen. Diese Maßnahmen und die notwendige Dokumentation weiterer Schritte treiben die beiden dazu, ihre ökologische Auszeichnung zu verlieren.
Trotz der restriktiven Auflagen kämpfen van Boven und Roither für ihre Sache. Sie fordern die Behörden auf, den Einsatz von chemischen Pestiziden, wie Clomazone, zu überdenken. Es ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern auch eine Umweltfrage. Eine Petition, die sie unter anderem auf dem Markt sammeln, soll Bewusstsein schaffen und Unterstützung von der Öffentlichkeit erhalten.
Die Unterschriftensammlungen finden jeden Freitag statt, und die beiden beantworten aufkommende Fragen der Kunden. Das Thema, dass sie ihre Produkte nicht mehr als ökologisch verkaufen können, sorgt für große Verunsicherung unter den Marktbesuchern.
Das Schicksal der Gärtnerei Tomte bleibt vorerst ungewiss, während die Spannungen zwischen verschiedenen Anbaumethoden und deren Folgen für die Umwelt immer deutlicher werden. Weiterführende Informationen zu dieser Thematik finden sich in einem Bericht auf www.ostsee-zeitung.de.