Die Welt der Dinosaurier ist faszinierend und komplex. Immer wieder werden neue Erkenntnisse über diese urzeitlichen Lebewesen gewonnen, die unser Bild von ihnen herausfordern. Jedes Jahr finden Forscher etwa 30 neue Saurierarten und diskutieren zahlreiche Aspekte ihrer Biologie, die für Laien oft überraschend erscheinen. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob Dinosaurier Lippen hatten, was für viele Menschen in der Moderne ungewöhnlich klingt.
Ein herausragender Wissenschaftler auf diesem Gebiet ist Sebastian Stumpf, ein Paläontologe, der 2013 während seines Studiums in einer Tongrube in Mecklenburg-Vorpommern die Knochenreste eines Dinosauriers entdeckte. Dies war erst der zweite Fund seiner Art in diesem deutschen Bundesland und leitete für Stumpf eine aufregende Karriere ein. Der heute 37-Jährige lehrt seit 2017 an der Universität Wien und erforscht insbesondere Dinosaurier und Knorpelfische des Erdmittelalters.
Dinosaurier unter dem Mikroskop
In einem Interview wurde Stumpf gefragt, ob der berüchtigte Tyrannosaurus rex tatsächlich das mörderische Bild eines Killers vermittelt, das durch Filme wie „Jurassic Park“ geprägt wurde. Er wies darauf hin, dass sich das Bild von Dinosauriern erheblich gewandelt hat. Neueste Hinweise deuten darauf hin, dass der T. rex möglicherweise Lippen hatte und somit nicht einfach nur mit einem beeindruckenden Gebiss herumlief. Diese Annahme wird durch die Entdeckung kleiner Löcher entlang der Kieferknochen unterstützt, die Blutgefäße beherbergten und lippenartige Strukturen nahelegen könnten.
Die Frage nach der Geschwindigkeit von Tyrannosauriern sorgt ebenfalls für Gesprächsstoff. Stumpf erklärt, dass ausgewachsene T. rexes wohl nicht so schnell waren, wie viele der Ansicht sind. Halbwüchsige Exemplare hatten lange, schlanke Beine, die sie agiler machten. Fossilfunde belegen, dass die Mägen dieser Jungdinosaurier mit Überresten von anderen, beweglichen Dinosauriern gefüllt waren, was die Vermutung stützt, dass sie zumindest in der Jugend schnell waren.
Ein weiterer Punkt betrifft die Geräusche, die Dinosaurier machten. Stumpf hebt hervor, dass neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass etwa die Laute eines Ankylosauriers, die die Forscher rekonstruierten, eher Vogelgeräuschen glichen, was der Vorstellung eines brüllenden Monsters widerspricht.
Wenn es um das äußere Erscheinungsbild der Dinosaurier geht, zeigt sich ein weiterer Forschungsfortschritt. So haben Wissenschaftler Hinweise auf eine Vielzahl von Farben bei verschiedenen Dinosaurierarten gefunden. Diese Erkenntnisse basieren auf der Untersuchung von Melanosomen, die Pigmente speichern und deren spezifische Strukturen auf bestimmte Farbmuster hindeuten.
Die Evolution der Dinosaurier
Stumpf macht in seinen Aussagen einen entscheidenden Punkt bezüglich der Evolution: „Wir können nicht pauschal sagen, dass Dinosaurier ausgestorben sind.“ Während viele Arten, wie T. rex oder Triceratops, am Ende der Kreidezeit vor etwa 66 Millionen Jahren ausgelöscht wurden, überlebte eine Gruppe – die Vögel. Diese stammen von kleinen, fleischfressenden Raubdinosauriern ab und stellen somit einen direkten Nachfahren der Dinosaurier dar.
Die Vorstellung, dass einige Dinosaurier Federn trugen, ist mittlerweile weit verbreitet, was die Idee unterstützt, dass das Bild der Dinosaurier als rein schuppige Reptilien überdacht werden muss. Insbesondere bei Dromaeosauriden, einer Familie von Dinosauriern, wo Fossilien mit Anzeichen von Federn entdeckt wurden, ist die Meinung klar: Diese Geschöpfe hatten wahrscheinlich ein Federkleid.
Während Paläontologen weiter an den Details ihrer Biologie arbeiten, stellt sich die Frage, was wir über ihre Fortpflanzung lernen können. Stumpf erwähnt, dass Eier in verschiedenen Formen vorkamen. Die Eier vieler Raubdinosaurier waren langgezogen, während Sauropoden eher runde Eier legten. Ein bekannter Fund belegt sogar, dass ein Raubdinosaurier in Brutposition über seinem Gelege gefunden wurde, was auf Brutpflege hinweisen könnte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erforschung der Dinosaurier weit mehr ist als das Ausgraben von Knochen. Es geht darum, deren Leben, ihre Interaktionen mit der Umgebung und die Entwicklungen durch die Jahrmillionen besser zu verstehen. Diese Fragestellungen bieten nicht nur Einblick in die Vergangenheit, sondern helfen auch, die Evolution lebendiger Organismen in der Gegenwart zu begreifen.
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