Im Hafen von Stade liegt das schwimmende Terminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) seit Mitte März 2023, doch bislang hat es keinen einzigen Kubikmeter Gas importiert. Dieses Terminal, das als strategisches Element zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland geplant wurde, ist ein Teil der Bemühungen des Bundeswirtschaftsministeriums infolge der stagnierenden Gasimporte aus Russland. Der Hafenneubau, eine umfassende Investition von 300 Millionen Euro, gilt als das größte Bauprojekt der landeseigenen Hafengesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts).
Der Betreiber des Terminals, die Deutsche Energy Terminal GmbH (DET), hatte ursprünglich erwartet, dass das Terminal nach einer kurzen Testphase in Betrieb genommen werden kann. Statt weniger Wochen sind mittlerweile Monate vergangen, ohne dass das Terminal genutzt wurde. DET teilte mit, dass trotz noch nicht abgeschlossener Arbeiten an den Hafenanlagen die Inbetriebnahme für das laufende Jahr in Aussicht gestellt wird, jedoch bleibt abzuwarten, ob diese Pläne realisiert werden können.
Hohe laufende Kosten
Kritisch ist die finanzielle Belastung durch die fortlaufenden Charterkosten für das Spezialschiff „Energos Force“, das für die kommenden zehn Jahre gechartert wurde. Experten schätzen, dass die Kosten hierfür zwischen 120.000 und 200.000 Euro pro Tag liegen. Diese erheblichen Ausgaben laufen unverändert weiter, während der Hafen noch in der stillen Phase verweilt. Der DET-Pressesprecher Dirk Lindgens wies darauf hin, dass aus rechtlichen Gründen keine detaillierten Geschäftszahlen veröffentlicht werden können, was die Transparenz über die Finanzen erschwert. Das Bundeswirtschaftsministerium hat auf wiederholte Anfragen keine Rückmeldungen gegeben.
In den kommenden Jahren rechnet die Bundesregierung jedoch mit Einnahmen zwischen 690 und 930 Millionen Euro, die durch Regasifizierungsgebühren für die Gaskonzerne erzielt werden sollen. Vor dem Hintergrund starker Kostensteigerungen wird jedoch die langfristige Wirtschaftlichkeit dieses Projekts angezweifelt. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat die Notwendigkeit zusätzlicher LNG-Terminals kritisiert, indem es auf die bereits bestehenden und nur teilweise ausgelasteten Anlagen hinwies.
In den letzten Monaten wurden nicht nur die finanziellen Aspekte der LNG-Importe neu bewertet, sondern auch die grundsätzliche Notwendigkeit, solche Terminals in Deutschland aufzustellen, hinterfragt. Das DIW hat festgehalten, dass es in Deutschland derzeit keine Gasmangellage gibt und dass die bestehenden Kapazitäten bei weitem nicht ausgenutzt werden. Diese Erkenntnisse könnten erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Planung und Wirtschaftlichkeit der LNG-Infrastruktur haben.
Konsequenzen für den Hafen von Stade
Die anhaltenden Mindereinnahmen stellen nicht nur eine Herausforderung für die Betreiber dar, sondern auch für NPorts, die für den Betrieb des Hafens verantwortlich sind. Jedes Hafenanlaufen eines Schiffes bringt Gebühren mit sich, doch das LNG-Terminal hat im Gegensatz zu anderen Warenlieferungen eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Die Gebühren für den Umschlag von LNG im Stader Hafen sind null, stattdessen wurde ein fixes jährliches Nutzungsentgelt vereinbart. Dies bedeutet, dass durch die gegenwärtige Pause von Importen erhebliches potenzielles Einkommen verloren geht.
Wären schon LNG-Tanker in den letzten Monaten im Hafen angelandet worden, könnte NPorts Schätzungen zufolge bereits eine Million Euro an Hafengebühren eingenommen haben. In Anbetracht der Gesamtinvestitionen von zehn Milliarden Euro, die für die LNG-Infrastruktur veranschlagt werden, ist dies jedoch nur ein kleiner Betrag im Gesamtzusammenhang der hohen Kosten und der anhaltenden Unsicherheiten.
Die Situation rund um das LNG-Terminal in Stade wirft Fragen über die Zukunft des Projekts und der gesamten Strategie zur Diversifizierung der Energieversorgung in Deutschland auf. Während die Verantwortlichen an der Inbetriebnahme festhalten, könnten die steigenden Kosten und sich verändernden Marktbedingungen eine Neubewertung der Notwendigkeit und Praktikabilität der geplanten Terminals erfordern. Der Druck auf die Entscheidungsträger steigt, ihre Strategien zu überdenken, um die Wirtschaftlichkeit und die langfristige Versorgungssicherheit zu gewährleisten.