Ein atemberaubendes Schauspiel entfaltet sich am Himmel über Oberbayern: Ungewöhnlich viele Kraniche ziehen in großen Trupps gen Süden! Diese majestätischen Vögel haben eine neue Route entdeckt, die sie entlang des Alpenrands in Richtung Südwesteuropa und Nordafrika führt. Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) berichtet, dass derzeit beeindruckende Schwärme, teils mit mehreren Tausend Individuen, über den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ziehen. Bis Mitte November werden weitere Kraniche erwartet, die die Luft mit ihren trompetenartigen Rufen erfüllen.
Die Geschäftsführerin des LBV, Sabine Tappertzhofen, erlebte dieses Naturschauspiel hautnah: „Zuerst hörte ich ihre trompetenartigen Rufe. Dann sah ich in weiter Ferne etwa 100 bis 200 Punkte in der typischen V-Form am Himmel.“ Diese neue Zugroute ist nicht nur für die Kraniche von Bedeutung, sondern auch für die Naturfreunde, die die Möglichkeit haben, dieses außergewöhnliche Herbstschauspiel zu beobachten. Dr. Miriam Hansbauer, Sprecherin des Fachvorstands der Arbeitsgemeinschaft Kranichschutz Deutschland, hebt hervor: „So viele Kraniche wie nie in jüngster Zeit sind entlang des Alpennordrands unterwegs.“
Neue Routen und ihre Geheimnisse
Die Kraniche, auch bekannt als Grus grus, erreichen Geschwindigkeiten von 50 bis 70 Kilometern pro Stunde. Die aktuellen Populationen stammen aus Osteuropa und fliegen über Ungarn nach Österreich, bevor sie Südbayern erreichen. Ihre neue Route könnte durch verschiedene Faktoren beeinflusst sein, darunter der Klimawandel und die Ausdehnung ihrer Brutgebiete. Kraniche orientieren sich an Landmarken und ziehen bevorzugt bei Hochdruckwetter, um von günstigen Winden getragen zu werden. Diese intelligenten Vögel geben ihre Erfahrungen über Zugrouten an ihre Nachkommen weiter, was zur Etablierung neuer Flugrouten führt.
Die Rückkehr der Kraniche in Bayern ist ein Erfolg jahrzehntelanger Schutzbemühungen, die dazu beigetragen haben, die Bestände in Europa zu stabilisieren. In Bayern leben mittlerweile rund 50 Revierpaare, vor allem in der Oberpfalz. Um die Kraniche langfristig zu unterstützen, ist der Schutz von Feuchtgebieten unerlässlich. Die Vogelschutzgebiete am Starnberger See werden zwar weniger frequentiert, doch die Pflege entsprechender Habitate im Landkreis sorgt dafür, dass die Kraniche auch in Zukunft eine sichere Heimat finden.