In der kommenden Ausgabe von „aspekte“, die am Freitag, den 8. November 2024, um 23:30 Uhr im ZDF ausgestrahlt wird, wird sich Moderatorin Katty Salié mit dem Phänomen des Kitsch auseinandersetzen. In Zeiten, in denen der Alltag oft von düsteren Nachrichten geprägt ist, erfreut sich der Kitsch einer unerwarteten Beliebtheit – ob er nun als trügerisch oder angenehm wahrgenommen wird, bleibt fraglich.
Kitsch wird oft als das genaue Gegenteil von „echter“ Kunst betrachtet. Doch wer legt diese Grenzen fest? Die Sendung stellt die interessante Frage, ob es nicht auch ein gewisses snobistisches Denken in der Abwertung des Kitsches gibt. Salié besucht dazu München, eine Stadt, die in zahlreichen Rankings als eine der romantischsten Deutschlands gilt, und macht sich auf, um die Autorin Jovana Reisinger zu treffen, die ein Manifest mit dem Titel „Pleasure“ über Glamour und Kitsch veröffentlicht hat. Mit einer prunkvollen Kutsche, geschmückt mit Blumen, zeigt sie, dass Kitsch von vielen bewundert und umarmt wird, während er von anderen verachtet wird.
Kitsch und seine spannende Dualität
Kitsch hat die Fähigkeit, in schweren Zeiten ein Gefühl der Zuflucht zu bieten. Er schafft es, vertraute Emotionen durch stereotype Darstellungen hervorzurufen, wie die romantische Abendstimmung am Strand oder süße große Kulleraugen. Doch so harmlos Kitsch auch scheinen mag, er hat auch seine dunkle Seite. In der Sendung wird thematisiert, wie autokratische Regime der prunkvollen Ästhetik des Kitsches nicht nur frönen, sondern auch deren propagandistische Wirkung instrumentalisiert haben. So merkt der amerikanische Politik- und Kulturwissenschaftler Justin Patch an, dass auch Donald Trump durch seine Vorliebe für das Kitschige charakterisiert werden kann.
Ein besonders heikles Thema, das die Sendung aufgreift, ist die Kunst im Nationalsozialismus. Salié besucht das umstrittene „Haus der Kunst“ in München, bekannt für seine Verbindungen zur NS-Propaganda. Dort erklärt die Archiv-Chefin Sabine Brantl, dass Kunst für sie dann zu Kitsch wird, wenn sie eine vermeintlich verlogene Realität inszeniert. Diese Problematik stellt die Frage, inwieweit nicht nur die NS-Kunst, sondern auch viele andere Werke unter dem Verdacht des Kitsches stehen könnten.
Die Nachkriegszeit gilt als Höhepunkt des Kitsches, besonders in Form des Heimatfilms, der oft die grausamen Realitäten der damaligen Zeit zu überdecken versuchte. Filme, die in den Alpen spielen, stehen seither unter Kitschverdacht, und sogar populäre ZDF-Serien wie „Der Bergdoktor“ werden in diesem Zusammenhang immer wieder thematisiert. Darsteller Hans Sigl schildert in „aspekte“, wie er versucht, gegen das romantisierte Bild des Heimatfilms anzuwirken und ein realistisches Bild zu vermitteln.
Kunst und Ironie
Ein weiterer Aspekt des Kitsches ist seine Fähigkeit zur Ironie. Kitsch wird regelmäßig in der zeitgenössischen Kunst zitiert und parodiert, und damit oft in wahrhaftige Kunst verwandelt. Künstler wie Jeff Koons und der Berliner Maler Martin Eder zeigen, dass hinter kitschigen Motiven wie süßen Kätzchen und bunten Regenbögen tiefere Bedeutungsebenen lauern können. Eder benutzt in seinen Arbeiten die vermeintlich harmlosen Motive, um ein unausgesprochenes Grauen zu vermitteln, während die schottische Medienkünstlerin Rachel Maclean ähnliche Themen anspricht und mit der Dunkelheit unter einer bunten Oberfläche spielt.
Die mit Spannung erwartete Episode von „aspekte“ wird somit zu einer facettenreichen Auseinandersetzung mit Kitsch, Kunst und den vielfältigen Bedeutungen, die sowohl Gegenwart als auch Vergangenheit prägen. Zuschauer dürfen gespannt sein auf eine interessante Reise durch die Emotionen, die dieser oft unterschätzte Kunststil hervorzurufen vermag.