Im Schatten der Vergangenheit wird aufgerollt: Die Historikerin Katrin Holly hat bei einem bewegenden Vortrag in der Josephinen-Kapelle neue Erkenntnisse über den umstrittenen Oberbürgermeister Dr. Otto Merkt präsentiert. Merkt, eine schillernde Figur in der Geschichte Kemptens und Westallgäus während der NS-Zeit, steht im Fokus einer ausführlichen Studie, die die Ergebnisse einer jahrzehntelangen Recherche verkündet. Nach langem Warten wird der Öffentlichkeit nun deutlich, welches Bild von Merkt die Geschichtsschreibung gezeichnet hat und welche neuen Arztstellen dabei aufgedeckt wurden.
Wie eine literarische Detektivgeschichte nimmt Holly die Zuhörer mit auf eine aufregende Reise durch die Geschichte. Merkt wird von Kollegen als Respektsperson beschrieben, der für die Entwicklung Kemptens von großer Bedeutung war. Trotz seiner Verdienste in der Milch- und Viehwirtschaft ist sein Erbe durch verstörende Episoden geprägt. Holly stellt fest, dass Merkt sich nie klar von den gegen jüdische Bürger gerichteten Maßnahmen distanziert hat und die „Ausschaltung“ der Juden für „notwendig“ hielt. Er war tief in die Rassenhygiene verwickelt und propagierte nationalsozialistische Ideen aktiv.
Skandalöse Enthüllungen über Merkts Konflikte
Die Studie deckt auf, dass Merkts Politikstil und seine Vorgehensweise während der NS-Zeit alles andere als harmlos waren. Brinkmanship mit der NSDAP und die Zwangspensionierung 1942 zeugen von einem Mann, der an seiner Macht festhielt, während er faschistische Entscheidungen unterstützte. Holly zeigt klar, dass seine Amtsenthebung nicht als Widerstand interpretiert werden sollte; vielmehr war es ein Spiel um Macht, das Merkt letztendlich den Kopf kostete. Seine Konfrontationen mit Nazi-Behörden entpuppten sich als bereits längst fällig, als sich der Oberbürgermeister öffentlich gegen die Parteilinie stellte.
Doch die Aufarbeitung ist noch nicht zu Ende. Der Stand der Forschung zu Merkts Kommunalpolitik gibt viele Rätsel auf, und Historiker sind sich einig, dass die Schichten der Vergangenheit weiterhin aufgedeckt werden müssen. Holly hebt hervor, dass die aufgetauchten Erkenntnisse zur Judenverfolgung, zur Zwangssterilisation und zu Merkts Einfluss auf die Euthanasie-Programme erschütternde Wahrheiten über die NS-Zeit enthüllen, die tiefer in den Abgrund der menschlichen Abgründe führen. Die Geschichte Kemptens ist in diesem vertieften Licht einer kritischen Neubewertung würdig.
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