In Gießen hat die Situation am Kirchenplatz in den letzten Wochen für Aufmerksamkeit gesorgt. Stadtkirchenpfarrer Gabriel Brand beobachtet aus nächster Nähe, wie sich die Gegebenheiten dort verändern. In einem Interview äußert er seine Bedenken über die Herausforderungen, die sowohl Anwohner als auch die Kirche betreffen.
Jüngste Entwicklungen haben eine gewisse Entspannung auf dem Kirchenplatz gebracht, die laut Brand vor allem mit einer erhöhten Polizeipräsenz zusammenhängt. „Die Lage hat sich zuletzt aber schon ein bisschen gebessert“, so der Pfarrer. Frühere Probleme mit Drogenkonsum und Vandalismus scheinen temporär nachzulassen, obwohl dies nicht bedeutet, dass die Situation stabil ist. „Die alteingesessenen Leute sind zumindest nicht mehr da,“ erklärt Brand weiter und fügt hinzu, dass er skeptisch bleibe, ob diese Verbesserungen von Dauer sind.
Ein ständiger Kampf gegen Vandalismus
Trotz der positiven Veränderungen bleibt der Kirchenplatz ein Hotspot für Kriminalität und Drogenkonsum. Brand berichtet von einer Zunahme neuer Gesichter in der Umgebung. „Wir haben hier eindeutig eine Verschärfung,“ sagt er und hebt hervor, dass vor allem Drogen wie Crack die Situation verschärfen, was zu aggressiveren Verhaltensweisen führt.
Ein weiterer Aspekt, den Brand betont, ist die Unterscheidung zwischen den alten und neuen Gruppen von Platzbesuchern. Während die langjährigen Nutzer der Drogen- und Trinkerszene oft in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren, ist dies bei neuen Nutzern schwieriger. „Viele reagieren gar nicht, wenn man sie anspricht,“ beschreibt Brand die Herausforderungen, die sich aus dem fehlenden Vertrauen ergeben.
Die Stadtkirche leidet ebenfalls unter den negativen Entwicklungen. Immer wieder wird die Kapelle, die als Ort der Stille dienen soll, Opfer von Vandalismus. „Wiederholt wurden Blumen geklaut, Kerzen gestohlen,“ so Brand und berichtet von einem Vorfall, bei dem jemand ins Taufbecken urinierte. Dies zeigt nicht nur den physischen Schaden, sondern auch einen tiefgreifenden Respektverlust gegenüber einem Raum, der für viele Menschen Bedeutung hat.
Ein Aufruf zur Kommunikation
Die Kirche stehe vor einem Dilemma: Einerseits ist sie betroffen von den negativen Konsequenzen, andererseits hat sie den kirchlichen Auftrag, auch für die Menschen am Rande der Gesellschaft einzustehen. Brand fordert, dass alle Beteiligten ins Gespräch kommen müssen, um ein respektvolles Miteinander zu fördern. „Um auf dem Kirchenplatz ein friedliches Miteinander gestalten zu können, braucht es Respekt – von beiden Seiten,“ sagt er.
Ein möglicher Ansatz zur Verbesserung der Situation könnte die Umgestaltung des Platzes sein. Brand verweist auf Projekte in anderen Städten, wo geschützte Bereiche für Drogenabhängige geschaffen wurden. „Man kann diese Menschen nicht einfach vertreiben,“ betont er und fordert eine nachhaltige Lösung, die allen Bedürfnissen gerecht wird. Der Ansatz, den Kirchenplatz als Aufenthaltsort zu gestalten, könnte Chancen bieten, um die Probleme dauerhaft zu lösen, während gleichzeitig das geschützte Umfeld gewahrt wird.
Der Dialog ist entscheidend, um sowohl die Bedürfnisse der Anwohner als auch die derjenigen, die am Platz eine Zuflucht suchen, unter einen Hut zu bringen. Daher bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird und ob die Stadt zusätzliche Maßnahmen, wie etwa weitere Videoanlagen, umsetzen wird. Aktuell zeigt sich, dass ohne respektvollen Austausch und ein offenes Ohr alle Bemühungen fruchtlos bleiben könnten. Laut Informationen von www.giessener-allgemeine.de ist ein aktives Miteinander zwischen Kirche, Stadt und den Platzbesuchern die einzige Möglichkeit, um Perspektiven zu schaffen und langfristige Lösungen zu finden.