Die Wahrnehmung der Justiz in Baden-Württemberg zeigt erhebliche Mängel: Eine aktuelle Umfrage hat ergeben, dass 59 Prozent der Befragten die Verfahrensdauer als viel zu lang empfinden. Zudem äußern 41 Prozent der Teilnehmenden, dass sie die Justiz als "überfordert" einschätzen. Diese Informationen wurden von der baden-württembergischen Justizministerin Marion Gentges präsentiert, die betont, dass diese Erkenntnisse Teil des Projekts "Zukunftsgerichtet" sind. Ziel dieses Projektes ist es, die Justiz auf zukünftige gesellschaftliche und technologische Herausforderungen auszurichten und die Erwartungen der Bevölkerung besser zu verstehen.
In der Umfrage gaben sogar 62 Prozent derjenigen, die nicht in der Justiz arbeiten, an, die Verfahrensdauer als zu lang zu empfinden. Bei juristischen Fachkräften sind es nur 35 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass Personen, die in der Justiz tätig sind, möglicherweise ein anderes Verständnis für die Komplexität und die Hindernisse des Systems haben. Interessanterweise identifizieren 36 Prozent der Juristen die unzureichende Bezahlung des Justizpersonals als Hauptproblem, im Vergleich zu nur 14 Prozent der Befragten außerhalb des Systems. Weitere Herausforderungen sind als "komplizierte Gesetze" (42 Prozent) und "zu milde Strafen" (38 Prozent) festgehalten worden.
Schwachstellen in der Bürgernähe
Auf die Resultate der Umfrage reagierte Gentges mit der Feststellung, dass die Justiz deutlich zügiger und effizienter zugänglich gemacht werden muss. Um dem entgegenzuwirken, wurden bereits strukturelle und personelle Maßnahmen in Gang gesetzt, beispielsweise die Schaffung von 950 neuen Stellen in Gerichten, Staatsanwaltschaften und dem Justizvollzug in dieser Legislaturperiode. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die Zahl der offenen Ermittlungsverfahren in Baden-Württemberg in den letzten drei Jahren um ein Drittel gestiegen ist, was zu einem enormen Druck auf die bestehenden Ressourcen führt.
Die Umfrage zeigt auch auf, dass die Bürgernähe der Justiz sowohl als kritisch wahrgenommen wird. So gibt die Hälfte der Befragten an, dass die Justiz nicht bürgernah ist. Mangelnde Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sind hier die Hauptgründe, genannt von 36 Prozent der Teilnehmenden. Darüber hinaus erkannte ein erheblicher Teil der Befragten die Justiz als "unnahbar, abgehoben oder unfreundlich" an.
Um diese Vorgänge zu verbessern, setzt die Justiz auf verstärkte Digitalisierung. Geplante Projekte wie Videoverhandlungen und zivilgerichtliche Online-Verfahren sollen als Fortschritte in der Kommunikation mit den Bürgern dienen. Dennoch gab es bei der Umfrage besondere Bedenken: Über 52 Prozent der Teilnehmenden scheinen keine Bereitschaft zu zeigen, Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, wenn dies ausschließlich online erfolgen würde. Diese Skepsis hebt die Herausforderungen hervor, die die Justiz bei der Anpassung an neue Technologien überwinden muss.
Für weitere Informationen wird auf die umfassende Umfrageberichterstattung verwiesen, die detaillierte Einblicke in die öffentliche Meinung über die Justiz in Baden-Württemberg bietet, wie bei www.lto.de zu lesen ist.
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