Die Nachfrage nach Fachkräften im Pflegebereich ist ungebrochen hoch, und immer mehr Menschen wagen den Schritt, ihre Heimat zu verlassen, um in Deutschland zu arbeiten. Ein besonders bemerkenswerter Fall sind zwei junge Inderinnen, Maureen Manoj und Thejus Manuel, die in Neustadt eine Ausbildung zur Pflegefachfrau bei der DRK Schwesternschaft begonnen haben. Ihre Entscheidung und die Herausforderungen, die sie dabei überwinden mussten, sind beeindruckend.
Maureen und Thejus sind Cousinen, die in verschiedenen Regionen Indiens aufgewachsen sind. Die junge Thejus, inspiriert von ihren Schwestern, hatte den Wunsch, im Ausland zu arbeiten. Dank der Kontakte ihrer Tante, die in der Schweiz lebt, konnte das Duo die DRK Schwesternschaft in Neustadt kontaktieren, welche dringend nach Auszubildenden suchte. „Meine Mutter hat Maureens Familie kontaktiert und vorgeschlagen, dass sie mit nach Deutschland geht“, erzählt Thejus. Maureen war zunächst unentschlossen, doch letztendlich beschloss sie, die Chance zu ergreifen. In Indien hätte ein jahrelanges und kostenpflichtiges Studium für die Pflege notwendig gewesen, was in Hinblick auf die geringe Bezahlung und Anerkennung unattraktiv war.
Der Sprung ins Unbekannte
Im Jahr 2021 starten die beiden 18-Jährigen ihren aufregenden Weg. „Ich war noch nie geflogen und etwas aufgeregt“, erinnert sich Maureen an ihre erste Reise. Ihre Ankunft in Deutschland verlief nicht ohne Hürden: Aufgrund eines Unwetters wurde ihr Flug zunächst abgesagt, und erst nach zwei schlaflosen Nächten erreichten sie schließlich ihr Ziel. Die DRK Schwesternschaft hatte ihnen eine Wohnung in der Nähe des Mutterhauses bereitgestellt, was den Einstieg in ihr neues Leben erleichterte.
Thejus hatte sich Deutschland viel größer und moderner vorgestellt. Ihre Vorstellung war geprägt von Bildern aus Filmen, in denen oft riesige Gebäude und Menschenmengen zu sehen sind. „Hier in Neustadt sind die Häuser nicht so groß, aber dafür oft sehr alt“, erzählt sie. Auch die Unterschiede im Bildungssystem überraschten die beiden: Im Gegensatz zu den strengen Regeln an indischen Schulen, wo Uniformen und Vorschriften zur Erscheinung vorherrschen, konnten sie in Deutschland selbst entscheiden, was sie anziehen. Das zeigt, wie unterschiedlich die Kulturen und Normen sein können.
Vergleich der Gesundheitssysteme
Die beiden Inderinnen entdecken schnell, dass die Ausbildung zur Pflegefachfrau in Deutschland auch Herausforderungen mit sich bringt. Insbesondere die dreijährige generalistische Ausbildung, die sowohl Kinder-, Kranken- als auch Altenpflege abdeckt, erforderte viel Engagement und das Bestehen von Deutschprüfungen. Maureen und Thejus bewerten das indische Gesundheitssystem jedoch insgesamt positiver: „Bei uns gibt es zwar keine Versicherungspflicht, man muss nicht lange auf Arzttermine warten, und man kann selbst entscheiden, zu welchem Arzt man geht“, erklärt Thejus. In Deutschland sei das System strenger und weniger flexibel.
Im Schulalltag der Ausbildung bemerkten sie kulturelle Unterschiede. Zunächst schien es, als seien ihre Mitschüler weniger offen. „Privates bleibt hier eher privat“, sagt Maureen, die die Offenheit und Nähe in Indien vermisst. Während in Indien die Kommunikation einfacher und offener ist, erleben die beiden in Deutschland, dass viele Menschen etwas reservierter sind. Dabei fanden sie schnell Freundschaften, die ihnen halfen, sich im neuen Umfeld zurechtzufinden.
Deutsche Umgangsformen verstehen
Ein weiteres kulturelles Missverständnis ergab sich aus den deutschen Umgangsformen. Maureen und Thejus stellten fest, dass ein einfaches „Danke“ oder „Entschuldigung“ in Deutschland viel häufiger gesagt wird als in Indien. „Bei uns sind solche Gesten unter Freunden selbstverständlich und müssen nicht ausgesprochen werden“, erklärt Thejus. Bei ihrem ersten Heimatbesuch nach zwei Jahren erlebte sie einige Irritationen durch ihre neuen deutschen Umgangsformen. Für Maureen war es emotional schwierig, das Gefühl zu haben, in der eigenen Familie nur ein Gast zu sein.
Trotz der Herausforderungen haben die beiden Frauen hart an ihren Sprachkenntnissen gearbeitet. „Mittlerweile verstehen wir auch Pfälzisch“, lacht Maureen. Ihre Mühe hat sich ausgezahlt: Das Lob für ihr Deutsch motiviert sie, weiterzulernen und sich im neuen Heimatland zu integrieren. „Wir haben vieles in kürzester Zeit gelernt, aber alles ist möglich, wenn man bereit ist, sich anzustrengen“, so Thejus.
Im Oktober schlossen Maureen und Thejus ihre Ausbildung erfolgreich ab und sind nun ausgebildete Pflegefachfrauen. Das Rotkreuzstift hat sie übernommen, und beide fühlen sich in ihrer neuen Rolle wertgeschätzt. Sie betonen, dass ihr Erfolg nicht allein ihrem eigenen Fleiß zu verdanken ist, sondern auch der Unterstützung, die sie von der DRK Schwesternschaft und anderen erhalten haben. „Wir sind sehr dankbar für alles, was wir hier erreicht haben“, sagt Thejus.
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