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Hungernde Menschen in Göttingen: Mehr Gäste, weniger Helfer!

Göttingen. Jeden Tag öffnen sich in der Turmstraße 5 die Türen des Mittagstischs St. Michael, um Bedürftigen eine warme Mahlzeit zu bieten. Anna Werner-Parker, Leiterin des Vereins, steht in einem erstaunlich gut gefüllten Vorratsraum und weist auf die verschiedenen Lebensmittel hin, die nach dem Erntedankfest gespendet wurden. „Die Menschen sind großzügig, und das hilft uns sehr“, ist ihre positive Einschätzung der Situation.

Der Mittagstisch wird vollständig von Ehrenamtlichen betrieben, die unermüdlich anpacken und sich 365 Tage im Jahr für die Essensausgabe engagieren. Laut Georg Bartelt, dem Vorsitzenden des Vereins, wurde zuletzt an einem Tag eine Rekordanzahl von 120 Essensportionen ausgegeben. „Wir haben immer mehr Gäste, aber weniger Helfer“, erklärt Bartelt die besorgniserregende Entwicklung. Am Anfang des Tages gilt es, Lebensmittel zu sortieren, vorzubereiten und zu kochen — eine anspruchsvolle Aufgabe, die mindestens fünf Küchenmitarbeiter erfordert.

Ein Ort der Würde und Respekts

Um 12 Uhr mittags öffnet der Mittagstisch seine Pforten. Jeder, der sich kein Essen leisten kann, ist willkommen. „Wir begegnen allen Menschen mit Würde und Respekt“, sagt Volker, ein engagierter Helfer, der anonym bleiben möchte. Es gibt zwar bestimmte Richtlinien, zum Beispiel, dass alkoholisierte oder drogenabhängige Gäste draußen essen müssen, aber das Team versucht, niemanden abzuweisen — ein erster Schritt in die Gesellschaft für viele, die oft mit Stigmatisierung konfrontiert werden.

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Die Realität, die Werner-Parker schildert, steht im Kontrast zu dem Bild, das viele von einer Essensausgabe haben. „Alkoholiker und Drogenabhängige machen nur etwa zehn Prozent unserer Gäste aus“, erklärt sie. Die meisten, so berichtet sie, sind ältere Menschen, die in einer prekären finanziellen Situation leben. Viele von ihnen sehen gepflegt aus, tragen gute Kleidung und stecken in einem täglichen Kampf, der für Außenstehende nicht sichtbar ist.

Depression und psychische Erkrankungen

Die Gäste des Mittagstisches sind oft nicht nur finanziell benachteiligt. „Viele von ihnen haben einen Uni-Abschluss und leiden unter Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen“, bemerkt Werner-Parker. Der Druck des Lebens, oft verstärkt durch finanzielle Sorgen, führt zu instabilen Lebensbedingungen und Blockaden beim Annehmen von Hilfe.

Der Verein steht jedoch vor einer wachsenden Herausforderung: Der Bedarf an Unterstützung wächst, während die Zahl der Ehrenamtlichen sinkt. Viele der langjährigen Helfer können aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr aktiv sein. „Es gibt offenbar immer mehr Menschen, die auf unsere Unterstützung angewiesen sind“, sagt Werner-Parker und bittet um Hilfe.

Die Mitarbeit „im Team muss man sich vorstellen wie eine kleine Familie“, sagt Volker. „Wenn wir 100 Menschen helfen und sich zwei oder drei bedanken, ist das für uns ein Gewinn“ — eine Bestätigung, dass sich die Mühe lohnt. Auch unter den Freiwilligen gibt es eine bunte Mischung, vom Studierenden über erfahrene Helfer bis hin zu Neuankömmlingen, die ihre Deutschkenntnisse verbessern möchten.

Wer Interesse hat zu helfen, kann sich unter der Telefonnummer 0551 / 547 95 40 oder per E-Mail an foerderverein.mittagstisch@samiki.de melden. „Wir benötigen dringend Unterstützung“, zieht Werner-Parker eine ernste Bilanz.

Die Lebensmittel stammen größtenteils von regionalen Unternehmen, unterstützt von der Tafel Göttingen. „Wichtige Lebensmittel würden ansonsten im Müll landen“, betont die Leiterin. Die ehrenamtlichen Helfer sind auf Spenden angewiesen, um auch in Zukunft den Bedürftigen Unterstützung bieten zu können. „Im Winter brauchen wir vor allem Schlafsäcke und warme Kleidung“, ergänzt Werner-Parker.

Die Situation zeigt, wie wichtig soziale Einrichtungen wie der Mittagstisch sind, um denen zu helfen, die in der Gesellschaft oft vergessen werden. Wie berichtet, ist die Essensausgabe in der Turmstraße nicht nur ein Ort zur Nahrungsaufnahme, sondern auch ein Zeichen der Gemeinschaft und des Mitgefühls für Menschen in Not. Die fortwährende Unterstützung ist für den Verein von entscheidender Bedeutung, um weiterhin Hilfe für diejenigen anbieten zu können, die sie am dringendsten benötigen laut www.goettinger-tageblatt.de.


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