Im Jubiläumsjahr der St.-Bonifatius-Kirche in Wiesbaden muss das eindrucksvolle Bauwerk am Luisenplatz leider hinter Gerüsten und Planen verborgen bleiben. Das Bistum Limburg zeigt sich jedoch gelassen und verweist darauf, dass die Kirche auch bei ihrer Einweihung im Sommer des Jahres 1849 noch nicht vollständig fertiggestellt war. Auch damals waren die Fassade und die Türme unvollständig und es handelte sich in der Tat um eine Baustelle.
Der ursprüngliche Bau, der im neoklassizistischen Stil errichtet wurde, erlitt ein düsteres Schicksal und stürzte kurz vor seiner Weihe aufgrund von Baumängeln zusammen. Der Architekt Philipp Hoffmann übernahm einen erneuten Versuch, eine Kirche zu bauen, die für Wiesbaden von großer Bedeutung sein sollte. Mit gotischen Elementen und antiken Rundbögen verknüpfte er traditionelle Stilelemente, was bei der Einweihung vier Jahre nach dem ersten Grundsteinlegung beschleunigte den Bau.
Ein ehrgeiziges Sanierungsprojekt
Die aktuelle Sanierung gestaltet sich als das größte Bauvorhaben seit der Errichtung der Kirche, wie Pfarrer Klaus Nebel erläutert. Bereits vor acht Jahren begannen die Planungen, und er geht davon aus, dass die Arbeiten noch vier weitere Jahre in Anspruch nehmen werden. Der erste Abschnitt umfasste die Erneuerung des Westturms, der mittlerweile fertiggestellt ist. Im Moment wird am Ostturm und an der Südfassade gearbeitet, die komplett eingerüstet sind.
Nach einer umfassenden Prüfung der baulichen Gegebenheiten zeigt sich, dass das Projekt viel umfangreicher ist, als ursprünglich angenommen. Jedes Bauteil wird sorgfältig begutachtet: „Jeder Stein wird einmal umgedreht“, so Stadtpfarrer Nebel, der Teil der Gruppe ist, die die Sanierung betreut. Die Kosten für die Restaurierung belaufen sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag, wobei das Bistum Limburg die Hauptlast trägt.
Der Erhalt der Geschichte
Die Denkmalpflege verfolgt das Ziel, so nah wie möglich am ursprünglichen Bau zu bleiben. Das bedeutet, dass der Putz aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg durch einen „erdigen Ziegelton“ ersetzt wird, um den historischen Gehalt der Kirche zu bewahren. Henriette Freifrau von Preuschen, Bezirkskonservatorin, hebt hervor, wie wichtig es ist, die Vision von Hoffmann zu respektieren und das Stadtbild nachhaltig zu prägen.
Die Herausforderungen durch Zeit und Wetter haben die Bausubstanz stark beansprucht. Restaurator Stephan Klöckner erklärt, dass neue Steine und Ornamente angefertigt werden müssen, um die alten zu ersetzen. Die Unterschiede in der Farbgebung werden sich jedoch nach einer gewissen Zeit angleichen, und so wird die Trennung zwischen Alt und Neu kaum noch wahrnehmbar sein. Unter den Steinmetzen, die im Einsatz sind, sind bis zu sechs Handwerker gleichzeitig auf der Baustelle tätig.
Für die zukünftigen Instandhaltungsarbeiten werden die Türme mit einem Träger ausgestattet, der den Seilkletterern das Arbeiten erleichtert. Während der Sanierungsarbeiten werden auch alle Fenster der Kirche entfernt und gereinigt.
Die Innensanierung steht noch bevor, und auch sie wird ein aufwendiges Vorhaben darstellen, das vielleicht das größte der Arbeiten ist, das noch vor der Kirche liegt.
Ungeachtet der anhaltenden Bauarbeiten wird die Pfarrei aktiv am geselligen Leben in Wiesbaden teilnehmen, so etwa bei der „Nacht der Kirchen“ am 6. September und beim „Tag des offenen Denkmals“ am 8. September. Unter der Führung von Kunsthistorikerin Simone Husemann und Küster Roland Marx können Besucher die Kirchengeschichte und die Schatzkammer erkunden. Die Veranstaltungen bieten eine willkommene Gelegenheit, trotz der Baustelle das kulturelle Erbe der St.-Bonifatius-Kirche zu feiern.
Das Jubiläumsjahr wird mit dem Fronleichnamsfest und einer Pfarreiwallfahrt nach Fulda enden. Pfarrer Nebel hegt die Hoffnung, dass bei diesen letzten Feierlichkeiten die Gerüste an der Fassade bereits abgebaut sein werden, sodass die Engel auf den Türmen ungehindert über die Stadt blicken können. Die ersten Feiern im Jubiläumsjahr werden noch eine Herausforderung darstellen, aber die Vorfreude auf die zukünftige Vollendung ist greifbar.
– NAG