In den letzten Monaten hat der Vogelsbergkreis, eine Region in Hessen, einen wegweisenden Schritt unternommen, um die Kommunikation in Notsituationen zu verbessern. In einer Zeit, in der die Bewohner mit unterschiedlichen sprachlichen Hintergründen konfrontiert sind, wurde ein Programm ins Leben gerufen, das Notfallsprachmittler ausbildet. Dies ist besonders bedeutsam für den 107.000 Einwohner zählenden Kreis, der als erster in Hessen solche Dolmetscher für Notfälle bereitstellt.
Der Impuls für dieses Projekt kam von Björn Preuß von Brincken, dem Kreisbrandmeister und interkulturellen Berater der Feuerwehr. Seine Überlegungen, wie man Patienten und Rettungskräfte besser miteinander kommunizieren lassen kann, wurden von Antonia Schäfer und Sonja Hartmann aus dem WIR Vielfaltszentrum unterstützt. „Wir haben schnell verstanden, dass eine spezielle Ausbildung notwendig ist, um in kritischen Momenten effektiv dolmetschen zu können“, erzählt Antonia. Die Notwendigkeit eines gewissen Sprachniveaus wurde zur Grundlage der Planung.
Die Ausbildung der Notfallsprachmittler
Die Ausbildung begann vor einem Jahr, als Preuß von Brincken erstmals in einer Runde von Sprachmittlern seine Idee präsentierte. Das Konzept fand große Zustimmung, und ungefähr 15 der bereits aktiven Dolmetscher waren bereit, sich weiterzubilden. „Viele von ihnen bringen bereits medizinisches Basiswissen mit, was in Notfällen von großem Vorteil ist“, erklärt er. Monatliche Treffen ermöglichten es den Teilnehmern, verschiedene Themen zu behandeln, die für die Kommunikation im Notfall wichtig sind.
Die Ausbildung der Dolmetscher umfasste nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch praktische Übungen. In Simulationsübungen wurden Alltagsszenarien, wie Brandwunden oder Herzinfarkte, durchgespielt. So erhielt jeder Teilnehmer die Möglichkeit, in realistischen Situationen zu dolmetschen. Dabei wurde die Kommunikation mit den Helfern geübt, wobei Preuß von Brincken die Rolle des Arztes übernahm und die Dolmetscher über die Leitstelle einbezogen wurden. „Wir haben festgestellt, dass die Kommunikation zwischen den Dolmetschern und den Rettungskräften sehr gut funktionierte“, so der Kreisbrandmeister.
Einzigartige Bedürfnisse in ländlichen Gebieten
Die Einführungen der Notfallsprachmittler sind besonders relevant in einem ländlichen Umfeld, wo sprachliche Barrieren häufiger auftreten. „Immer mehr Menschen benötigen Unterstützung, da nicht immer ein Familienmitglied zur Verfügung steht, das Deutsch spricht. Dies ist in ländlichen Gebieten ein weit verbreitetes Problem“, bemerkt Sonja Hartmann. Durch die Schulung und den Einsatz der Dolmetscher erhoffen sich die Initiatoren eine signifikante Verbesserung der Hilfeleistungen in der Region.
Der Bedarf an Mehrsprachigkeit ist in der multikulturellen Gesellschaft der heutigen Zeit unbestritten und betrifft sämtliche Lebensbereiche, insbesondere in kritischen Notfallsituationen. Ab September werden die neuen Dolmetscher ihre Aufgaben aufnehmen und den Rettungskräften zur Seite stehen, um sicherzustellen, dass jeder Patient verständlich kommunizieren kann.
„Es war wichtig, dass wir auf unsere bestehenden Ressourcen zurückgegriffen haben und das bestehende Netzwerk von Sprachmittlern weiter ausgebaut haben“, stellt Antonia abschließend fest. Mit der Ausbildung und dem Einsatz der Notfallsprachmittler wird der Vogelsbergkreis eine Vorreiterrolle im Umgang mit sprachlichen Barrieren im Notfall übernehmen.
Ausbau der interkulturellen Kommunikation
Durch die gezielte Ausbildung wird auch das interkulturelle Verständnis gefördert. Die Vielfalt an Sprachen, die in der Region gesprochen werden, reicht von Dari über Russisch bis hin zu Ukrainisch. Solche Initiativen sind von enormer Bedeutung, da sie dazu beitragen, den Dialog zwischen verschiedenen Kulturen zu erleichtern und ein Gefühl der Sicherheit in der Gemeinschaft zu schaffen. Die Notfallsprachmittler des Vogelsbergkreises sind ein Beispiel dafür, wie durch Kreativität und Engagement aus Herausforderungen Chancen entstehen können.
Hintergrund der Notfall-Dolmetscher-Inititative
Die Initiative zur Ausbildung von Notfall-Dolmetschern im Vogelsbergkreis ist vor dem Hintergrund einer zunehmend multikulturellen Gesellschaft entstanden. Die demografische Entwicklung in Deutschland zeigt, dass immer mehr Menschen aus verschiedenen Ländern hier leben. Laut dem Statistischen Bundesamt lebten 2020 etwa 21% der Bevölkerung mit einem Migrationshintergrund in Deutschland, Tendenz steigend. Dies schafft Herausforderungen, insbesondere in Notfallsituationen, in denen Sprachbarrieren schnell zu Missverständnissen und Problemen führen können.
Die Anforderungen an Rettungsdienste und medizinisches Personal wachsen, da sie nicht nur mit verschiedenen Notfällen umgehen müssen, sondern auch die Bedürfnisse und die Sprache der Betroffenen verstehen müssen. Der Vogelsbergkreis hat durch seine geografische Lage und den ländlichen Charakter eine besondere Herausforderung, da es hier oft an unmittelbarer familiärer Unterstützung fehlt.
Praktische Umsetzung und Schulungsinhalte
Die Ausbildung zum Notfall-Dolmetscher umfasst nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch medizinisches Grundwissen und situatives Training. Den Teilnehmern wurde vermittelt, wie sie in unterschiedlichen Notfallsituationen effektiv kommunizieren können, wobei sie spezielle medizinische Begriffe in den verschiedenen Sprachen erlernten. Dies umfasst etwa das Dolmetschen bei Verbrennungen, Herzinfarkten und anderen kritischen medizinischen Notfällen.
Darüber hinaus lag ein Schwerpunkt auch auf interkultureller Sensibilisierung. Die Dolmetscher müssen nicht nur die Sprache, sondern auch die kulturellen Hintergründe ihrer Klienten verstehen, um in einer stressigen Situation wie einem Notfall angemessen reagieren zu können. Dies ist besonders wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden und Vertrauen aufzubauen.
Zukünftige Entwicklungen und weitere Unterstützung
Die Erfahrungen aus der ersten Ausbildungsrunde sollen künftig weiter ausgebaut werden. Es ist geplant, das Programm regelmäßig zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen, um bestmöglich auf die Bedürfnisse der Bevölkerung einzugehen. Zudem könnten Kooperationen mit weiteren Organisationen und Institutionen, wie etwa Krankenhäusern oder Fachschulen, angestrebt werden, um die Reichweite der Initiative zu erhöhen.
Mit der zunehmenden Zahl der Notfälle und der Migration in Deutschland werden solche Projekte immer relevanter. Es könnte hilfreich sein, ähnliche Modelle in anderen Regionen zu prüfen und zu implementieren, wobei der Vogelsbergkreis als positives Beispiel dienen könnte.
Statistische Erhebungen zur Nachfrage nach Dolmetschdiensten
Laut einer Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von 2021 steigt die Nachfrage nach Dolmetschdiensten insbesondere in den Bereichen Gesundheit und soziale Dienste. Die Studie ergab, dass 45% der befragten Gesundheitsdienstleister Schwierigkeiten haben, angemessen mit nicht-deutschsprachigen Patienten zu kommunizieren.
This demand for translation services is expected to continue to rise, particularly as integration efforts advance and more migrants seek health care and emergency assistance. Therefore, ongoing support and training for interpreters will be crucial to meet this growing need.
– NAG