Kassel

Baumstreit in Kassel: Nachbar kämpft gegen Ebereschen und Gesetz

In Kassel kämpft der 83-jährige Rainer Hamenstädt seit Jahren gegen die überhängenden Äste zweier Ebereschen seines Nachbarn, der Vereinigten Wohnstätten, und sieht sich trotz rechtlicher Klärungen und massiver Einschränkungen seines Eigentums durch die Kasseler Baumschutzsatzung in einer ausweglosen Situation.

In Kassel, ein 83-jähriger Mann wird seit Jahren von den überhängenden Ästen zweier Ebereschen aus dem Nachbargarten in Wehlheiden geplagt. Der Rentner Rainer Hamenstädt hat sich entscheidend dafür eingesetzt, diese Bäume zu stutzen, da sie nicht nur sein Garagendach belasten, sondern auch Schäden verursachen. Die mobile Ernte der Eberesche ist nicht nur eine Frage der Sauberkeit, sondern hat auch ernsthafte bauliche Konsequenzen für seine Garage. Im Sommer 2023 gab es beim Unwetter sogar Schäden durch herabfallende Äste. Doch die Lösung seines Problems scheint weit entfernt.

Rainer Hamenstädt hat in der Vergangenheit mehrmals versucht, eine Einigung mit den Eigentümern der Bäume, den Vereinigten Wohnstätten, zu erzielen. Seine Bemühungen blieben jedoch größtenteils ohne Erfolg. „Bisher haben sie höchstens kleinere Äste weggemacht“, sagt er resigniert. Der Versuch, auf den Rechtsweg zurückzugreifen, wurde ihm von einem Gericht abgeraten. Dies geschah nicht ohne Kosten; Expertenreisen in den hohen fünfstelligen Bereich, sollte er den rechtlichen Streit fortsetzen. Der verzweifelte Rentner fühlt sich in seiner Wohnung regelrecht enteignet, lässt aber den Kampf um sein Recht nicht aufgeben.

Rechtsstreit um Baumschutzsatzung

Das Kernproblem, das Hamenstädt und die Vereinigten Wohnstätten trennt, sind die unterschiedlichen Auffassungen über das geltende Recht. Laut Hamenstädt wird das Selbsthilferecht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, Paragraph 910, ihm das Recht einräumen, überragende Äste ohne Genehmigung zu entfernen, sofern die Bäume dabei nicht absterben. Die Wohnstätten hingegen berufen sich auf die Kasseler Baumschutzsatzung, die solche eigenmächtigen Maßnahmen untersagt. Laut dieser Satzung sind Baumfällungen und Schnittmaßnahmen für bestimmte Baumarten vorab bei der Stadt Kassel zu beantragen. Spätestens hier ist der Konflikt offensichtlich.

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Die Baumschutzsatzung sieht eigens für Laubbäume wie die Eberesche vor, dass sie nur unter bestimmten Maßgaben beschnitten werden dürfen. So ist zum Beispiel ein maximaler Schnitt von nur zehn Prozent des Kronenvolumens erlaubt, was Hamenstädt möglicherweise in seiner Handlungsfreiheit stark einschränkt. Ein Verstoß hiergegen kann schwerwiegende finanzielle Folgen nach sich ziehen, mit Geldstrafen von bis zu 100.000 Euro. „Städtische Baumschutzsatzungen stehen grundsätzlich über nachbarrechtlichen Ansprüchen“, erklärt der Kasseler Rechtsanwalt Jürgen Eichel.

Die Vereinigten Wohnstätten lehnten es ab, auf Anfrage zu der Angelegenheit Stellung zu nehmen, was das Vorhaben von Hamenstädt weiter kompliziert. Immerhin hat er im Laufe der Jahre gezeigt, dass ihm die Situation ernst ist; trotz seines Alters steigt er regelmäßig auf das Dach seiner Garage, um die gefallenen Blätter von den Bäumen zu entfernen. Ein mühseliger und anstrengender Prozess, der die körperlichen Grenzen der Zeit zeigt. Hamenstädt wünscht sich eine eigenständige Lösung, doch der eingeschlagene Weg wurde durch widrige Umstände behindert.

Rechtliche Herausforderungen und mögliche Alternativen

Ein weiterer bedeutender Punkt in dieser Auseinandersetzung ist die Frage, ob das Bundeverfassungsgericht in dieser Angelegenheit eine entscheidende Rolle spielen wird. Sollte Hamenstädt nachweisen können, dass die Bäume auf verbindliche Weise seine Struktur gefährden, könnte es zu einem Präzedenzfall kommen, der weitreichende Auswirkungen auf ähnliche Streits mit Nachbarn und deren Bäume haben könnte.

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Pauschal kann jedem geraten werden, Konflikte über Bäume oder Hecken zunächst sachlich und besonnen anzugehen. Der Gang zu einem Schiedsamt kann ein guter erster Schritt sein, bevor es zu einem langwierigen Rechtsstreit kommt. Nachbarn sollten Freundschaften bewahren und nach Lösungen suchen – denn oft sind es die kleinen Probleme, die langfristig zu großen Konflikten führen können.

Rechtslage in Hessen und die Baumschutzsatzung

Die Baumschutzsatzung in Kassel ist ein Teil des umfassenderen Umwelt- und Naturschutzrechts, das in Hessen und deutschlandweit reguliert wird. Die Satzung zielt darauf ab, den Erhalt von Bäumen zu fördern und die Biodiversität in städtischen Gebieten zu wahren. Solche Regelungen können von Stadt zu Stadt variieren, wobei die Schwerpunkte oft auf dem Schutz von alten und geschützten Bäumen liegen.

In Hessen ist ein Baum ab einem Stammumfang von 80 cm in 1 Meter Höhe schützenswert. Diese Regelung entstand aus der Erkenntnis, dass alte Bäume nicht nur Lebensraum für viele Tierarten darstellen, sondern auch eine wichtige Rolle im Stadtklima spielen. Daher wird der Abbau von Grünflächen und das Fällen von Bäumen reguliert, um die städtische Umwelt und das Ökosystem zu schützen. Die Hessische Baumschutzverordnung, die Grundlage für solche Satzungen bildet, ist ein wichtiges Instrument zum Schutz der Natur.

Künftige Änderungen in der Baumschutzgesetzgebung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf Baumschutz könnten in Zukunft Änderungen erfahren. Aktuell sind viele Kommunen bestrebt, eine Balance zwischen individuellem Eigentum und ökologischen Anforderungen zu finden. Das Thema wird auch auf politischer Ebene sowie in Umweltverbänden intensiv diskutiert.

Ein Aspekt, der zunehmend in den Fokus rückt, ist die Notwendigkeit der Anpassung städtischer Begrünungsstrategien an den Klimawandel. Der Erhalt und die Pflege von Bäumen sehen sich zunehmend Herausforderungen durch Hitze, Krankheiten und Schädlinge gegenüber. Daher könnte eine Anpassung der Baumschutzsatzungen notwendig sein, um sowohl den individuellen Bedürfnissen der Grundstückseigentümer als auch den klimatischen Erfordernissen gerecht zu werden.

Nachbarschaftsrechtliche Konflikte und deren Lösungsansätze

Konflikte im Nachbarschaftsrecht sind in Deutschland nicht ungewöhnlich und können auf eine Vielzahl von Gründen zurückgeführt werden, wie z.B. Grundstücksgrenzen, Baumhöhen und Lärmentwicklung. In vielen Fällen wird empfohlen, den Dialog mit den Nachbarn zu suchen oder an Vermittlungsstellen wie Schiedsamten Unterstützung zu erhalten, bevor der Rechtsweg beschritten wird. So können oftmals langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren vermieden werden.

Bemerkenswert ist, dass in vielen Fällen Schiedsstellen eine Mediationsrolle einnehmen und helfen, eine Lösung zu finden, die für beide Parteien akzeptabel ist. In Hessen unterstützen verschiedene Stellen die Konfliktbewältigung zwischen Nachbarn, was insbesondere bei einer wachsenden Urbanisierung und einer zunehmenden Verdichtung der Wohnverhältnisse von Bedeutung ist.

– NAG

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