In der Zahnarztpraxis von Ina Zöller in Gießen hat sich ein innovativer Ansatz etabliert, um Patienten mit extremer Zahnarztangst die Behandlung zu erleichtern. Statt auf sedierenden Medikamenten zu bestehen oder frühere traumatische Erlebnisse mit Musik oder Meditation zu bekämpfen, setzt die Zahnärztin auf die therapeutische Kraft eines Hundes.
Die Hündin Anouk, ein Australian Shepherd, steht den Patienten während ihrer Behandlung zur Seite. Studien haben gezeigt, dass der Kontakt zu Hunden das Wohlfühlhormon Oxytocin ausschüttet, was zur Senkung von Puls und Blutdruck führt. „Das ist wissenschaftlich erwiesen“, betont Zöller, die seit dem letzten Jahr mit dem vierbeinigen Therapeuten zusammenarbeitet.
Die Rolle von Anouk
Anouk begleitet jeden Vormittag zwei Patienten und hat sich mittlerweile ein Ritual erarbeitet. Sie begrüßt die Betroffenen zur Behandlung mit einer Pfote, was bereits eine erste Beruhigung ist. Danach geht sie mit ihnen ins Behandlungszimmer und legt sich hinter den Zahnarztstuhl. Dabei wird ihr Gesicht zwar nicht gesehen, doch ihre Anwesenheit vermittelt den Patienten ein Gefühl von Sicherheit.
Ein besonderes Highlight ist, dass Anouk sich gegen Ende der Behandlung zurück zu den Patienten wendet und ihnen erneut die Pfote gibt. Ein emotionaler Moment, der von den Patienten oft als wohltuend beschrieben wird. So äußert sich eine Patientin sehr positiv: „Sie hat mich so lieb angeguckt. Meine Panik vor der Behandlung, dem Ausgeliefertsein, war verflogen.“
Therapeutische Ausbildung und Genehmigung
Damit Anouk in dieser Rolle arbeiten kann, wurde sie zuvor als Therapiehund ausgebildet. Zusätzlich holte Zöller eine Genehmigung vom Veterinäramt ein. Hierbei wurde auch geprüft, ob der Hund einen Ruhestandplatz hat, um die Hygiene Vorschriften der Zahnarztpraxis zu wahren. Die Landeszahnärztekammer kann aktuell jedoch keinen anderen Einsatz von Therapiehunden in hessischen Zahnarztpraxen bestätigen, obwohl sie das Potenzial eines solchen Ansatzes anerkennt.
Die Idee, einen Therapiehund zur Beruhigung von Angstpatienten einzusetzen, hat großes Potenzial, denn schätzungsweise leiden zwischen fünf und 20 Prozent der Deutschen an einer Form von Zahnarztangst. Diese Angst resultiert oft aus früheren negativen Erfahrungen und kann dazu führen, dass Patienten notwendige Besuche über Jahre hinweg vermeiden.
Die Entwicklung in Gießen könnte ein Beispiel für andere Praxen sein, die nach alternativen Methoden suchen, um Angstpatienten eine Behandlung zu ermöglichen. „Der Umgang mit Tieren kann für viele sehr heilsam sein“, sagt Zöller abschließend.