Fulda

Rückgang der Bäckereien in Fulda: Ursachen und neue Chancen

In Fulda hat sich die Zahl der Bäckereien in den letzten 20 Jahren dramatisch von 50 auf nur noch 12 reduziert, was auf Fachkräftemangel, bürokratische Hürden und veränderte Konsumgewohnheiten zurückzuführen ist, wie Joachim Michel, Obermeister der Bäcker-Innung, erläutert, weshalb dies für die lokale Wirtschaft und den Erhalt handwerklicher Berufe von großer Bedeutung ist.

Fulda (fp) – Die Bäckereien im Landkreis Fulda stehen vor einem nie dagewesenen Wandel. In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Zahl der backenden Betriebe drastisch verringert, von einst 50 auf aktuell nur noch zwölf. Diese Besorgnis äußert Joachim Michel, Obermeister der Bäcker-Innung für den Landkreis Fulda. Diese Entwicklung ist nicht nur alarmierend für die Betreiber selbst, sondern betrifft auch die kulinarische Landschaft der Region.

Ein erheblicher Faktor, der zu diesem Rückgang beigetragen hat, ist der Fachkräftemangel. Die Bäckerei-Industrie ist traditionsgemäß ein sehr personalintensives Gewerbe. Selbst die Betriebe, die noch bestehen, haben Schwierigkeiten, genügend qualifiziertes Personal zu finden. „Wir führen aktuell etwa 3000 Mitarbeiter, das klingt viel, ist aber trügerisch“, so Michel. Er führt an, dass sich die Ausbildungslage zu verbessern scheint. An einem einzigen Augusttag begannen fünf Bäcker und zwölf Fachverkäufer ihre Ausbildung. Dennoch bleibt abzuwarten, ob sich dieser positive Trend langfristig fortsetzen kann.

Änderungen im Verbraucherverhalten

Ein weiterer prägender Aspekt ist die Veränderung im Kaufverhalten der Kunden. Michel stellt fest: „Die meisten Menschen frühstücken heutzutage nicht mehr.“ Der frühere Fokus auf Brot und Brötchen hat demnach einen Rückgang erfahren. Stattdessen müssen Bäckereien heute ihr Sortiment erweitern: „Smoothies, Snacks, Kaffee – das sind Dinge, die Bäckereien anbieten müssen, um zu überleben.“ Die Diversifizierung des Angebots ist entscheidend, um den sich wandelnden Wünschen der Kunden gerecht zu werden.

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Die Anpassung an neue Essgewohnheiten verlangt von den Betrieben, auch die regionale Vielfalt zu berücksichtigen. Michel sagt: „Wir haben unglaublich viele Ausländer im Land. Da kommst du mit Roggenbrot nicht weit.“ Unterschiedliche Kulturen bringen verschiedene Vorlieben und Essgewohnheiten mit sich, die es zu beachten gilt, wodurch die Bäckereien sich gezwungen sehen, ihre Angebote vielfältiger zu gestalten.

Herausforderungen durch Bürokratie

Die Bäckereien sind jedoch nicht nur mit dem Markt und den Kunden konfrontiert – auch der Bürokratie-Dschungel stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Michel macht deutlich: „Für kleinere Bäckereien ist der hohe bürokratische Aufwand kaum noch zu bewältigen. Das zermürbt die.“ Ein Beispiel hierfür ist die seit 2014 geltende Pflicht zur Angabe von Allergenen, die eine erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastung mit sich bringt. Während größere Betriebe Personal für solche Aufgaben einstellen können, fehlt dies bei vielen kleineren Bäckereien.

Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch Lichtblicke. Die Digitalisierung hat auch die Bäckerei-Branche erfasst und bringt einige Vorteile mit sich. Michel erläutert: „Heutzutage ist bei uns alles digitalisiert. Das hat nicht nur die Monitoring-Möglichkeiten verbessert, sondern auch die Arbeitslast verringert.“ Die Fähigkeit, Teig über Nacht zu verarbeiten und zu lagern, hat nicht nur die Effizienz gesteigert, sondern auch dem Brot mehr Geschmack verliehen.

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Insgesamt spiegelt die Entwicklung der Bäckereien im Landkreis Fulda eine größere Transformation in der Lebensmittelbranche wider. Wer die traditionellen Werte des Handwerks hochhalten möchte, steht vor zahlreichen Herausforderungen, muss sich aber auch anpassen, um in einer sich verändernden Welt zu bestehen.

Ein Blick in die Zukunft der Bäckereien

Obwohl sich die Zeiten verändern, bleibt die Bäckerei ein wichtiger Bestandteil der Kultur und Gemeinschaft. Die Herausforderungen, die die Branche derzeit durchläuft, eröffnen gleichzeitig neue Chancen. Gerade die Jüngeren, die eine Ausbildung zum Bäcker oder zur Fachverkäuferin anstreben, bringen frischen Wind und neue Ideen mit in die Betriebe. Die wichtigsten Faktoren für den Erfolg in der Zukunft sind Anpassungsfähigkeit und Innovationsfreude, womit die Bäckereien im Landkreis Fulda vielleicht sogar einen neuen Aufschwung erleben können.

Der Rückgang der Bäckereien im deutschsprachigen Raum

In ganz Deutschland gibt es einen allgemeinen Trend zur Schließung von Bäckereien, der nicht nur Fulda betrifft. Laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks ist die Anzahl der handwerklichen Bäckereien von mehr als 30.000 im Jahr 2000 auf etwa 9.000 im Jahr 2023 gesunken. Der Rückgang ist auf Faktoren wie den intensivierten Wettbewerb, steigende Rohstoffpreise und das veränderte Kaufverhalten zurückzuführen. Während der Konsum von Backwaren in den letzten Jahren insgesamt gesunken ist, ist die Nachfrage nach „Convenience“-Produkten, die schnell und problemlos konsumiert werden können, gestiegen.

Der demografische Wandel hat ebenfalls Einfluss auf die Bäckerlandschaft. In ländlichen Gebieten sind viele Betriebe geschlossen, während urbanere Regionen eine höhere Dichte an Bäckerei-Formaten aufweisen, die auf die Ansprüche einer jüngeren, mobilen Bevölkerung abzielen. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass eine differenzierte Betrachtung des Marktes nötig ist, um das Überleben kleinerer Betriebe zu sichern.

Der Einfluss von Digitalisierung und Innovation

Ein Aspekt, der oft übersehen wird, ist die Rolle der Digitalisierung in der Bäckerei-Branche. Wie Joachim Michel beschreibt, haben viele Betriebe den Schritt zur digitalen Transformation bereits vollzogen. Von der automatisierten Bestandsverwaltung bis hin zur Nutzung von Online-Bestellungen — die Digitalisierung bietet zahlreiche Chancen zur Effizienzsteigerung und zur Anpassung des Angebots an die Kundenbedürfnisse. Ein Beispiel für solche Innovationen sind moderne Backöfen, die durch präzise Temperatur- und Feuchtigkeitskontrollen bessere Ergebnisse liefern und den Arbeitsablauf optimieren.

Zudem nutzen immer mehr Bäckereien soziale Medien, um ihre Produkte zu vermarkten und eine jüngere Zielgruppe zu erreichen. Diese Plattformen ermöglichen es, direktes Feedback von Kunden zu erhalten und die Sortimentgestaltung entsprechend zu gestalten. So können Betriebe nicht nur überleben, sondern sich auch weiterentwickeln und an die sich ständig verändernden Vorlieben der Verbraucher anpassen.

Statistiken zur Bäckerei-Branche

Eine Umfrage des Deutschen Bäckerhandwerks ergab, dass fast 70 Prozent der Bäckereien nach neuen Absatzkanälen suchen, um ihre Geschäfte zu stabilisieren. Zudem berichteten 58 Prozent der Befragten, dass sie in den letzten Jahren Investitionen in die Digitalisierung getätigt haben. Angesichts der stetigen Herausforderung durch den Online-Handel und Supermärkte, haben kleinere Bäckereien erkannt, dass der Einsatz neuer Technologien nicht nur eine Notwendigkeit ist, sondern auch eine Chance, sich im Markt zu behaupten.

Des Weiteren zeigt eine Marktanalyse, dass der Umsatz im Segment der Feine Backwaren im Jahr 2022 auf über 4 Milliarden Euro gestiegen ist, was einen Anstieg von etwa 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Dies unterstreicht das Potenzial für kreative und innovative Bäcker, die bereit sind, sich an die neuen Marktbedingungen anzupassen. Die Kombination von Tradition und modernem Geschäftsverständnis könnte der Schlüssel sein, um die Bäckerei-Kultur in Deutschland zu bewahren.

– NAG

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