Im Herzen Fulda, am Zentralfriedhof, entfaltet sich derzeit ein ernstes Problem: Die Rehapopulation, die sich über die Jahre in der Stille des Friedhofs angesiedelt hat, wird zur Herausforderung für die Stadt. Ab dem 2. September 2024 hat die Stadt Fulda die Jagd auf die Rehe erneut genehmigt. Diese Entscheidung fiel nach dem Ende der Schonzeit für trächtige Ricken und ihre Kitze, die dazu führte, dass die Stadt von der Unteren Jagdbehörde das Mandat erhielt, die Rehpopulation „vollständig zu entnehmen“.
Der Magistrat sieht sich gezwungen, diese Maßnahme zu ergreifen, da die Tiere nicht nur eine Störung der Ruhe im Gedenkbereich verursachen, sondern auch erhebliche Schäden an Gräbern und der Bepflanzung hervorrufen. Monika Kowoll-Ferger, die Pressesprecherin der Stadt, stellte klar, dass die bleibenden Schäden an der Grabbepflanzung nicht zu übersehen seien. Dennoch blieben die Schäden immer wieder ein schmerzhaftes Thema für viele Angehörige, die ihre geliebten Verstorbenen ehren und pflegen möchten.
Hintergrund der Entscheidung
Die Problematik der Rehe am Zentralfriedhof war nicht neu. Das letzte halbe Jahr war geprägt von Versuchen, die Tiere durch verschiedene Maßnahmen fernzuhalten. Dazu zählten Aufklärungskampagnen für die Grabinhaber, in denen empfohlen wurde, Pflanzen auszuwählen, die für die Rehe unattraktiv sind. Zusätzliche Maßnahmen wie der Einsatz von Buttersäure, die die Rehe durch ihren Geruch abschrecken sollte, erwiesen sich als ineffektiv.
Ein weiterer Versuch, das Problem auf humane Art zu lösen, beinhaltete die Zusammenarbeit mit einem Tierarzt, der die Rehe sedieren und in ein besser geeignetes Waldgebiet bringen sollte. Doch auch dieser Plan scheiterte, da die Einschätzung der Stadt ergab, dass eine Umsiedlung für die kranken und von Inzucht betroffenen Tiere nicht sinnvoll gewesen wäre. Letztendlich müssten die Rehe, möglicherweise in der Wildnis, ohnehin den Tod finden.
Die anhaltenden Schäden an den Gräbern, die Lieblosigkeit, die viele Angehörige dabei empfinden, sowie die nicht tragbare Situation führten zu der Entschlossenheit der Stadt, die Rehe nicht länger zu tolerieren. Für viele war der Verlust von Grabschmuck und die Zerstörung von bepflanzten Gräbern nicht akzeptabel.
Die Reaktionen der Öffentlichkeit
Die Entscheidung der Stadt, die Jagd auf die Rehe wieder zu erlauben, hat sicherlich nicht nur Zustimmung erfahren. Von tierfreundlichen Organisationen und Anwohnern wurden bereits mehrere Protestaktionen organisiert. Zahlreiche E-Mails des Unmuts erreichten den Oberbürgermeister, viele davon auch aus anderen Regionen. Der Tierschutzverein „Rüsselheim“ aus Augsburg reichte sogar eine Strafanzeige gegen die Stadt ein. Während die Stadt angibt, dass ihr bis zum jetzigen Punkt keine solche Anzeige vorliege, bestätigt die Staatsanwaltschaft in Fulda, dass Ermittlungen zu dem Fall gegenwärtig andauern.
Doch wie viele Rehe derzeit tatsächlich noch auf dem Gelände leben und wie viele von ihnen erlegt werden sollen, bleibt unklar. Anfragen an die Stadt verliefen bislang unbeantwortet. Im Frühjahr waren es bereits sieben Tiere, die zur Jagd freigegeben wurden. Vor Beginn der Schonzeit wurden zudem zwei Böcke erlegt, und der Tierschutzverein fand Ende Mai zwei tote Kitze, die möglicherweise bei oder nach der Geburt verstorben sind.
Die Aussicht auf eine Eskalation der Situation am Zentralfriedhof bleibt bestehen. Es ist ungewiss, wie die öffentlichen Reaktionen weiterhin verlaufen und ob eine nachhaltige Lösung für das Problem der Rehe gefunden werden kann, die sowohl der sicherheitsmäßigen als auch der tierfreundlichen Komponente gerecht wird. Während die Stadt Fulda eine Entscheidung getroffen hat, bleibt abzuwarten, wie sich diese Thematik in den kommenden Wochen entwickeln wird und welche politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen sie nach sich ziehen könnte.
– NAG