Die Bonifatius-Route, die zwischen den beiden historischen Städten Mainz und Fulda verläuft, feiert in diesem Jahr einen bemerkenswerten Meilenstein: Ihr zwanzigjähriges Bestehen. Diese wunderbare Strecke, die Pilger und Wanderer gleichzeitig anspricht, erstreckt sich über 180 Kilometer, von den malerischen Weinbergen des Rheingaus über die fruchtbaren Felder der Wetterau bis hin zu den sanften Hügeln des Vogelsbergs und in das wunderschöne Fuldaer Land.
Für viele ist diese Route ein Geheimtipp. Die Hosenfelds, ein Paar aus Osthessen und erfahrene Wanderer, haben die gesamte Strecke vor fünf Jahren in acht Tagen zurückgelegt. „Es war eine epochale Erfahrung“, sagt Alexandra Hosenfeld. „Es gibt etwas Meditatives daran, tagelang in der Natur zu sein, und jeder findet seinen eigenen Rhythmus.“
Einfallsreiche Streckengestaltung
Für Alexandra und Dirk Hosenfeld war die abwechslungsreiche Gestaltung der Strecke besonders beeindruckend. „Jeden Tag gibt es neue Erlebnisse“, so Alexandra. Ein herzliches Erlebnis war ein unerwarteter Besuch in einer Kirche in Heldenbergen, als sie während einer Tauffeier überraschend eintreten und freundlich empfangen wurden. Solche Momente tragen zur besonderen Atmosphäre des Pilgerns bei, was die Hosenfelds als Teil des Glücks empfinden, das Pilger angeblich bringen. „Eine Frau hat uns einmal gesagt, dass es Glück bringt, einen Pilger zu berühren“, erzählt Alexandra lachend.
„Das Tolle am Pilgern ist, dass es keine festen Regeln gibt, wie man den Weg gehen muss“, erklärt Dirk. „Das Ziel ist der Antrieb, aber der Weg selbst ist auch sehr bereichernd.“ Es schaffe eine andere Form der mentalen Vorbereitung und eine Art spirituelle Erfahrung, die über das bloße Wandern hinausgeht.
Die Route bietet sowohl für Pilger mit religiösem Hintergrund als auch für Wanderer, die die Natur genießen wollen, eine Vielzahl von Möglichkeiten. Michael Friedrich, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Bonifatius-Route, unterstreicht, dass sich nicht jeder Pilger mit religiösen Aspekten auseinandersetzen möchte, was absolut in Ordnung sei. „Das Schönste ist, dass jeder auf seine Weise pilgern kann“, so Friedrich.
Mangel an Unterkunftsmöglichkeiten
Ein entscheidender Aspekt ist jedoch die begrenzte Anzahl an Herbergen entlang der Bonifatius-Route im Vergleich zu anderen Pilgerwegen wie dem Jakobsweg. „Es gibt zwar einige Möglichkeiten, aber die sollte man besser im Voraus buchen“, rät Friedrich. Wanderer können aber trotzdem an mehreren Stationen ihre Pilgerstempel sammeln, was ein bekanntes Ritual auch auf anderen Pilgerwegen ist.
„Es ist ein schöner Weg, der neben der Herausforderung auch viel Freude bereitet“, erklärt Friedrich. „Die ersten Teile der Route verlaufen durch viel belebte Gebiete in Rheinland-Pfalz, aber der Rest durch die idyllischen Landschaften Hessens macht dies wett.“
Die große Anziehungskraft der Bonifatius-Route zeigt sich nicht nur in der Anzahl der Wanderer, sondern auch in der positiven Resonanz, die der Verein erhält. Friedrich berichtet, dass viele Menschen mit schönen Erinnerungen von ihrer Pilgerreise zurückkehren und die Strecke gerne weiterempfehlen.
„Eine Herausforderung auf der Strecke sind die körperlich anspruchsvollsten Abschnitte, vor allem im Vogelsberg“, ergänzt Friedrich. Gerade bei diesen steilen Anstiegen, wie dem Weg zur Wallfahrtskirche Kleinheiligkreuz, kann es auch mal richtig anstrengend werden.
Für alle Wanderbegeisterten ist die vom Rhein-Main-Verkehrsverbund in Zusammenarbeit mit dem Verein Bonifatius-Route erstellte Wanderkarte ein hilfreiches Werkzeug, um Informationen über die Route und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr zu erhalten.
Ein unvergessliches Erlebnis
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Bonifatius-Route nicht nur eine physische Herausforderung ist, sondern auch eine Reise der inneren Reflektion und des persönlichen Wachstums. Jedes Jahr ziehen die Pilger, wie Alexandra und Dirk Hosenfeld, aus der Verbindung mit der Natur und sich selbst neue Kraft und Inspiration. Was die Bonifatius-Route so besonders macht, ist nicht nur das Ziel, sondern auch die unzähligen Erfahrungen und Begegnungen, die man auf dem Weg findet. Die Route bleibt ein Ort des Pilgerns und der Wanderer, der jedem die Möglichkeit bietet, in seinem eigenen Tempo und auf seine eigene Weise zu gehen.
Um die Bonifatius-Route besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Bedeutung des heiligen Bonifatius. Er gilt als der Apostel der Deutschen und spielte eine entscheidende Rolle bei der Christianisierung Deutschlands im 8. Jahrhundert. Geboren als Winfried in England, kam er nach Deutschland, wo er maßgeblich zur Verbreitung des Christentums und zur Gründung von Klöstern beitrug. Bonifatius wurde 754 in Fulda ermordet, und sein Grab dort ist noch heute ein wichtiger Pilgerort, den viele Wanderer auf der Bonifatius-Route ansteuern.
Der Einfluss des Pilgerns auf das Wohlbefinden
Nicht nur der religiöse Aspekt, auch die gesundheitlichen Vorteile des Pilgerns sind beachtenswert. Studien haben gezeigt, dass Wandern, insbesondere in der Natur, positive Effekte auf die psychische Gesundheit hat. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt regelmäßige körperliche Aktivitäten, um das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Der Kontakt zur Natur kann Stress abbauen und die Stimmung heben. Auf der Bonifatius-Route können Pilger sowohl körperliche Herausforderungen erleben als auch zur inneren Ruhe finden, was die Route zu einem besonderen Erlebnis macht.
Eine Umfrage des Vereins Bonifatius-Route zeigt, dass ca. 70 % der Befragten angeben, dass sie das Wandern auf der Route nicht nur als sportliche Betätigung, sondern auch als spirituelle Erfahrung empfinden. Dies zeigt, wie die Verbindung von aktivem Erleben und innerer Reflexion den Pilgergeist auf der Route nährt.
Kulturelle Aspekte entlang der Route
Die Bonifatius-Route führt nicht nur durch landschaftlich reizvolle Gebiete, sondern auch durch verschiedene kulturelle Regionen, die reich an Geschichte sind. Orte wie Mainz und Fulda sind nicht nur religiöse Zentren, sondern auch bedeutende Stätten der deutschen Geschichte. In Mainz kann man beispielsweise die beeindruckende Kathedrale von Mainz besichtigen, die im 10. Jahrhundert errichtet wurde. Fulda bietet mit seinem Dom und dem dortigen Kloster wichtige Anlaufstellen für Kulturinteressierte.
Die Route bietet zahlreichen Veranstaltungen, über das Jahr hinweg, die den Pilgergeist stärken. Vom traditionellen Kirchentag bis hin zu regionalen Weinfesten – die kulturellen Angebote entlang der Bonifatius-Route bereichern das Pilgererlebnis.
– NAG