In Hessen steht der Kinderschutz aktuell im Mittelpunkt der politischen Agenda, und das aus gutem Grund. Die Zahl der gemeldeten Fälle von Kindeswohlgefährdung hat im vergangenen Jahr einen alarmierenden Höchststand erreicht, mit über 6.198 registrierten Fällen – ein Anstieg von mehr als zehn Prozent. Dies gab die hessische Familienministerin Diana Stolz (CDU) in ihrer ersten Regierungserklärung bekannt.
Die Ministerin erklärte, dass die Gesellschaft und der Staat das Thema Kinderschutz ernster nehmen müssen. In ihrer Ansprache betonte sie, dass viele Fälle, die unter den Begriff "Kindeswohlgefährdung" fallen, oft häuslicher Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung angehören. Insbesondere sie kritisierte, dass der Schutz der betroffenen Kinder „unter dem Radar“ verläuft und forderte eine stärkere Aufmerksamkeit auf dieses Thema, auch in Bezug auf Internetkriminalität.
Einrichtung eines Childhood-Hauses
Ein zentrales Element von Stolz' Plänen ist die Einrichtung eines neuen Childhood-Hauses in Nordhessen. Diese Einrichtungen, bereits in Frankfurt erfolgreich praktiziert, bieten traumatisierten Kindern und Jugendlichen eine Anlaufstelle, wo sie medizinisch und psychologisch betreut werden. Durch eine solche zentrale Anlaufstelle wird vermieden, dass die Kinder mehrfach von verschiedenen Institutionen untersucht werden müssen, was oft zu einer weiteren Traumatisierung führen kann.
In der vorhandenen Kinderschutzambulanz an der Universitätsklinik Frankfurt arbeiten verschiedene Fachleute zusammen, um den Kindern bestmögliche Hilfe zu bieten. Diese Zusammenarbeit entlastet die Betroffenen und ermöglicht es, Spuren von Gewalt zu dokumentieren. Stolz ist von diesem Ansatz überzeugt: „Ich bin von diesem Konzept zutiefst überzeugt“, erklärte sie, hob aber hervor, dass Details über den Standort in Nordhessen noch bekannt gegeben werden müssen.
Zur Unterstützung solcher Maßnahmen hat das Land Hessen in der Vergangenheit 1,4 Millionen Euro in die Frankfurter Einrichtung investiert. Der laufende Betrieb wird jährlich mit bis zu 300.000 Euro gefördert. Die Trägerschaft übernimmt die 1999 von Königin Silvia von Schweden gegründete World Childhood Foundation, die sich um den Schutz von Kindern in mehreren Ländern der Welt kümmert.
Erweiterte Programme und neue Positionen
Zusätzlich zu den neuen Einrichtungen kündigte Ministerin Stolz an, dass ein Kinderschutzbeauftragter ernannt werden soll, um zur Umsetzung der Maßnahmen beizutragen. Darüber hinaus wird ein Landesbetroffenenbeirat eingerichtet, was eine von vielen Empfehlungen eines neuen Landesaktionsplans zum Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt darstellt.
Die Zahl der geförderten „DropIns“ für Eltern von Neugeborenen wird in diesem Jahr auf über 100 erhöht. Diese Zentren sind wichtig, um frühzeitig auf potenzielle Gefährdungen aufmerksam zu machen. Außerdem wird die Anzahl der unterstützten Familienzentren, die verschiedene Angebote für Eltern bereitstellen, weiter zunehmen.
Die politische Opposition äußerte sich kritisch zu den Ankündigungen. Wiebke Knell von der FDP stellte fest, dass nicht alle Probleme behoben sein könnten und dass der Fokus auch auf überlastete Beratungsstellen gerichtet werden sollte. Eine bessere Ausstattung der Jugendämter sei ebenso notwendig, um der steigenden Zahl der Fälle gerecht zu werden.
Auf der anderen Seite zogen die Grünen eine positive Bilanz der Regierungserklärung, betonten jedoch, dass noch viel zu tun sei, um den Schutz von Kindern zu gewährleisten und forderten eine „Kultur des Hinsehens“ gegenüber möglichen Missständen. Der AfD-Abgeordnete Gerhard Bärsch begrüßte den geplanten Standort des neuen Childhood-Hauses, äußerte jedoch Bedenken über eine ideologische Sexualpädagogik in Kitas, die er für unangemessen hielt.
Der Fokus auf Kinderschutz in Hessen ist ein dringend benötigter Schritt, um Kindern zu helfen, die in belastenden Situationen leben. Die Ankündigungen aus der Regierung sind ein Zeichen für den Willen, die Situation zu verbessern, auch wenn die Herausforderungen groß bleiben.
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