In Hamburg steht ein bahnbrechendes Vorhaben an, das die Baukosten für Wohnungen erheblich senken könnte. Die Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein kündigte an, bis zum Jahreswechsel einen neuen „Hamburg-Standard“ einzuführen, der die Baukosten um bis zu ein Drittel reduzieren soll. Dieser Plan, den Pein in einem Interview mit der „Hamburger Wochen-Mopo“ erläuterte, zielt darauf ab, klar zu definieren, was für gutes Wohnen wirklich nötig ist. Damit sollen Architekten, Baufirmen und Bauherren einfacher zusammenarbeiten können.
Aktuell betragen die durchschnittlichen Baukosten für einen Quadratmeter Wohnfläche in Hamburg rund 4.500 Euro. Dies führt dazu, dass die Mieten auf etwa 18 Euro pro Quadratmeter steigen. Mit der Einführung des neuen Standards könnten die Kosten jedoch auf 3.000 Euro pro Quadratmeter sinken, was die Mieten auf rund 12 Euro pro Quadratmeter dämpfen würde. Dies wäre besonders im Bereich des frei finanzierten Neubaus von großer Bedeutung.
Hintergrund und Herausforderungen
Pein wies darauf hin, dass die Komplexität des Bauens ein zentrales Problem darstellt. Derzeit sind beim Wohnbau mehr als 5.000 DIN-Normen zu beachten, die oftmals zu unnötigen Kosten führen. Ein Beispiel, das sie nannte, sind Balkone, die mit Schallschutz ausgestattet werden, obwohl dies nicht immer sinnvoll ist. Pein bemerkt zudem, dass die Dicke von Wänden und Decken stark zunimmt, was die Materialkosten unnötig in die Höhe treibt.
Obwohl das Einhalten dieser Normen nicht verpflichtend ist, halten sich die Bauunternehmen dennoch daran, um mögliche Mängelhaftungen zu vermeiden. Um diesen Kostendruck zu mindern, arbeitet die Senatorin mit Architekten, Wohnbaufirmen und Mieterschutzverbänden an der Initiative „Kostenreduziertes Bauen“. Das Ziel ist es, einen neuen Standard zu schaffen, der realistische Anforderungen an den Bau setzt.
Nachhaltigkeit im Fokus
Ein weiterer wichtiger Aspekt des neuen Standards ist die Überprüfung der Klimaschutz-Vorgaben. Pein diskutiert, ob es sinnvoll ist, weiterhin in immer bessere Gebäudehüllen zu investieren. Solche Investitionen führen oft zu hohen Kosten, ohne signifikante Einsparungen bei der Energieeffizienz zu gewährleisten. Stattdessen sollte der Fokus darauf liegen, erneuerbare Heizenergie zu fördern, um die CO₂-Ziele der Stadt zu erreichen. Besonders die Wärmepumpe, die in der Vergangenheit in Verruf geraten ist, sieht die Senatorin als eine Lösung an.
Ein Pilotprojekt für den neuen Hamburg-Standard wurde bereits im Wilhelmsburger Rathausviertel festgelegt. In diesem Gebiet sind bereits 60 bis 70 Prozent der Grundstücke vergeben, unter anderem an Baugemeinschaften und das städtische Wohnungsunternehmen Saga. Trotz der Vergabe kann derzeit aufgrund der hohen Kosten noch nicht gebaut werden. Mit der Einführung des neuen Standards könnte jedoch eine 100-Quadratmeter-Wohnung nicht mehr 450.000 Euro kosten, sondern nur noch 300.000 Euro, was einen enormen Anreiz für potenzielle Käufer und Investoren darstellen dürfte.
Diese Initiative könnte nicht nur die Baukosten erheblich senken, sondern auch dazu beitragen, dass in Hamburg mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht. Die Pläne von Karen Pein sind somit von großer Bedeutung für die Stadt und ihre Bewohner, die dringend auf bessere Wohnmöglichkeiten angewiesen sind. Die Diskussion rund um den neuen „Hamburg-Standard“ und seine möglichen Auswirkungen auf das Bauwesen in der Stadt wird sicherlich in den kommenden Monaten weiter an Intensität gewinnen. Weitere Informationen und eine tiefere Analyse zu diesem Thema sind hier zu finden.