Das Wasser tost gegen die Elbdeiche, und das nicht nur wegen der herbstlichen Sturmfluten, die nun die Küstenregionen heimsuchen. In diesen kritischen Zeiten droht jedoch eine verborgene Gefahr: Nutrias, die aus Südamerika stammenden Nagetiere, stellen eine ernstzunehmende Bedrohung für die Stabilität der Deichanlagen dar. Diese Tiere graben sich in das Innere der Deiche, was potenziell katastrophale Folgen mit sich bringen könnte, wenn diese unterhöhlt werden und brechen. Experten fordern daher eine intensive Bejagung der Nutrias, um den Küstenschutz zu gewährleisten.
Besonders in den Landkreisen Stade und Harburg ist die Situation alarmierend. Die Nutria erkennt man kaum, doch ihre Baukunst wird schnell zur Gefahrenquelle. Ein Faktor, der die Jagd auf diese Tiere so wichtig macht, ist die rasant steigende Population. Tatsache ist: In den letzten Jahren haben sich die Zahlen der erlegten Nutrias enorm erhöht, was die Bedeutsamkeit dieser Maßnahme unterstreicht.
Explosion der Nutria-Population
Die Nutria gehört zu den invasiven Arten, die an Küstenlinien für Furore sorgen. Ihr Körper kann bis zu einen Meter lang werden, und sie erreichen ein Gewicht von etwa zwölf Kilogramm. Diese als Biberratte oder Sumpfbiber bekannten Nager buddeln Gänge in die Deichkörper, die einen Durchmesser von bis zu einem Meter haben. „Diese Tiere haben eine extrem hohe Vermehrungsrate“, sagt Wilhelm Ulferts, der für die Deichsicherung zuständige Oberdeichrichter. Bereits nach einem halben Jahr können Nutrias geschlechtsreif werden und mindestens dreimal im Jahr bis zu sechs Junge zur Welt bringen.
Ein Vergleich der Jagdstatistiken zeigt deutlich, wie rasant die Nutria-Population angewachsen ist: Während im gesamten Stader Kreisgebiet vor zehn Jahren lediglich zwei Nutrias erlegt wurden, waren es im Jahr 2021 bereits 567 und im vergangenen Jahr 635. In Harburg sind die Zahlen noch dramatischer: Von 255 erlegten Nutrias im Jagdjahr 2015/16 stieg die Zahl auf 1.662 im Jahr 2023. Dies demonstriert die drängende Notwendigkeit, der Ausbreitung dieser Tiere entgegenzuwirken.
Verborgene Gefahren und Jagdmethoden
Die Gefahr durch die Nutrias liegt nicht nur in der Anzahl, sondern vor allem in ihrem Verhalten. Ihre Bauöffnungen sind oft unter Wasser verborgen, was die Entdeckung ihrer Nester immens schwierig macht. Wenn ein Deich durch diese unterirdischen Gänge aufgerissen wird, ist das riskant, besonders während der Sturmsaison. Sobald das Wasser in die Höhlen eindringt, sinkt die Stabilität des Deiches, was im Extremfall zu einem Deichbruch führen kann.
Die Bekämpfung dieser Nager gestaltet sich als herausfordernd. Um sie zu fangen, kommen spezielle Lebendfallen zum Einsatz. Diese Fallen sind lichtdicht und sorgen dafür, dass die neugierigen Tiere ruhig sitzen bleiben. Mithilfe von Sendern erhalten die Jäger eine Nachricht auf dem Handy, sobald eine Falle zuschnappt. Die Köder, die zum Einsatz kommen, sind variabel – von Apfelstücken bis zu Gummibärchen ist alles dabei.
Die Landkreise haben die Dringlichkeit der Nutria-Bekämpfung erkannt. Finanzielle Zuschüsse ermöglichen die Anschaffung dieser Fallen. Der Landkreis Harburg unterstützt die Jägerschaft jährlich mit 20.000 Euro, was zu einer erhöhten Anzahl an zur Verfügung stehenden Fallen führt. Im Landkreis Stade konnten ebenfalls 120 Fallen angeschafft werden, um die Jagd effektiver zu gestalten.
Doch selbst die beste Technik kann nicht immer sofortige Ergebnisse garantieren. Es kann Wochen dauern, bis die Nutrias gefangen werden. Besondere Herausforderungen ergaben sich in der Vergangenheit, insbesondere während Hochwasserzeiten, als die digitalen Melder der Fallen sensibel reagierten und der Einsatz von Fallen teilweise unmöglich war.
Vor diesem Hintergrund wurde 2018 der im niedersächsischen Jagdgesetz verankerte Elterntierschutz aufgehoben. Dies geschah in Anbetracht der wachsenden Nutria-Population, welche eine akute Bedrohung für die Deiche darstellt. Trotzdem gab es 2022 Überlegungen, die Jagdzeit für Nutrias einzuschränken, die letztlich aufgrund von Protesten wieder verworfen wurden. Die Dringlichkeit für eine fortlaufende Bejagung bleibt unbestritten, vor allem für den Küstenschutz im Norden.
Details zu diesen Entwicklungen sind im Bericht auf www.kreiszeitung-wochenblatt.de nachzulesen.