Hamburg-Mitte

Gedenktafel in St. Pauli: Erinnern an das Schicksal der Sexarbeiterinnen

Das Gedenken an Sexarbeiterinnen in der Herbertstraße und seine Bedeutung für die Aufklärung

In einem bedeutungsvollen Schritt zur Erinnerungskultur wurde ein Gedenkstein an der Kreuzung von Herbert- und Davidstraße in St. Pauli installiert. Diese Gedenktafel nimmt erstmals den Schicksalen der Frauen eine zentrale Rolle ein, die während der nationalsozialistischen Herrschaft im Hamburger Rotlichtviertel für ihr Überleben kämpften. Der Stein, welcher am Ort der berüchtigten Eisengitter platziert wurde, stellt nicht nur ein Symbol des Gedenkens dar, sondern auch eine notwendige Aufforderung zur Aufklärung über die grässlichen Schicksale, die diese Frauen erlitten.

Die historische Dimension der Gedenktafel

Die Initiative zur Errichtung des Gedenksteins kommt von Sieghard Wilm, dem Pastor der St. Pauli Kirche, der anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Herbertstraße auf die Notwendigkeit der Erinnerung hinwies. Diese speziellen Gitter wurden 1933 von der Nazi-Gauleitung installiert, um die Prostitution nicht zu verbieten, sondern diese in ein enges, kontrolliertes Umfeld zu drängen. Wilm kritisierte die dahinter stehende unmenschliche Politik der Nationalsozialisten, die in der Zwangssterilisation und Verfolgung vieler Sexarbeiterinnen kulminierte. Besonders schockierend ist, dass viele dieser Frauen deportiert wurden, um in Konzentrationslagern wie Neuengamme oder Ravensbrück ihr Leid zu ertragen.

Die kollektiv verdrängte Geschichte

Der Bezirkssenator Ralf Neubauer (SPD) unterstrich die Bedeutung dieser Gedenktafel und betonte, dass das Schicksal der Sexarbeiterinnen oft ignoriert oder verdrängt wird. „Viele von ihnen starben oder kehrten aus dem Krieg als gebrochene Menschen zurück“, sagte er. Historikerin Eva Decker ergänzt, dass die Stigmatisierung von Prostituierten mit der Nazi-Diktatur begann, jedoch auch nach dem Krieg ein fortdauerndes Problem blieb. Die Gedenktafel soll daher nicht nur an vergangene Gräueltaten erinnern, sondern einen Diskurs über die fortbestehenden Ausgrenzungsmechanismen in der Gesellschaft anstoßen.

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Aufklärung durch digitale Ressourcen

Ein QR-Code auf dem Gedenkstein führt zu einer Webseite, die detaillierte Informationen über die Geschichte der Herbertstraße und das Schicksal der Sexarbeiterinnen bietet. Diese digitale Plattform wird kontinuierlich aktualisiert, um die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse zu informieren. Die Weiterentwicklung dieser Aufklärungsarbeit wird durch eine Crowdfunding-Kampagne unterstützt, die es ermöglicht, die Geschichte angemessen zu dokumentieren und zu erforschen.

Beginn einer lebendigen Diskussion

Julia Staron, die Vorsitzende des Vereins Living Cultural Heritage St. Pauli, betont, dass die Installation des Gedenksteins den Beginn einer wichtigen Diskussion darstellen soll. Sie hebt hervor, dass dieser Stein kein Schlussstrich ist, sondern vielmehr ein Anstoß zu weiterführender historische Forschung und Aufklärung. Das Ziel ist es, das Bewusstsein für die unerzählten Geschichten dieser Frauen zu schärfen und einen Raum für ongoing Dialog zu schaffen.

– NAG

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