Göttingen. Die feuchte Herbstluft bringt nicht nur schimmernde Blätter, sondern auch eine gefährliche Ernte – die Pilze sprießen und mit ihnen die alarmierenden Anfragen an den Giftnotruf. Vor allem Kleinkinder, die neugierig alles Geschmacksprobe nehmen, sind besonders gefährdet. Das Giftinformationszentrum Nord schlägt Alarm!
In diesen Wochen erhält der Notruf des GIZ Nord einen regelrechten Ansturm an Meldungen über mögliche Pilzvergiftungen. „Wöchentlich verzeichnen wir einige, sogar schwere Fälle“, warnt Andreas Schaper, Toxikologe und Leiter des Zentrums an der Universitätsmedizin Göttingen. Zuletzt wurde ein Mann aus der norddeutschen Tiefebene ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem er vermutlich einen hochgiftigen Knollenblätterpilz gegessen hatte. Die Symptome können tückisch sein – Magen-Darm-Probleme treten erst 8 bis 12 Stunden nach dem Verzehr auf, was oft den entscheidenden Zeitverlust bedeuten kann.
Akute Fälle an den Kliniken
Im Uniklinikum Essen werden seit Mitte Oktober vier Patienten wegen akutem Leberversagen behandelt, ausgelöst durch den Verzehr von Knollenblätterpilzen. Auch in Münster macht eine Schwerstverletzte von sich reden, die kürzlich eine Spenderleber erhielt. Die Gefahren sind real und sie betreffen vor allem die Kleinsten – Kleinkinder verweilen oft unbemerkt in der Natur und könnten Giftpilze kosten.
Schaper appelliert an alle Pilzsammler: „Ein Buch oder eine App ist nicht genug!“ Um sicherzugehen, sollten die erbeuteten Pilze von sogenannten Pilzsachverständigen überprüft werden. Der Giftnotruf in Göttingen ist für Niedersachsen und benachbarte Bundesländer zuständig und erhielt bereits im September rund 80 Anfragen – und der Oktober hat das Potenzial, noch schlimmer zu werden. „Das Jahr 2022 verzeichnete über 150 Fälle in diesem Monat,“ mahnt er.
Die tödliche Gefahr des Knollenblätterpilzes
Der gefürchtete Knollenblätterpilz ist mit 90 Prozent der tödlichen Pilzvergiftungen in Deutschland der Hauptverdächtige. Sein Gift wartet geduldig, um nach mehreren Stunden der vermeintlichen Sicherheit zuzuschlagen. Die ersten Symptome sind Übelkeit und Erbrechen, gefolgt von schrecklichen Leberkomplikationen. Im schlimmsten Fall bleibt nur noch eine Lebertransplantation, um das Leben der Betroffenen zu retten, mahnt der Spezialist Markus Cornberg von der Medizinischen Hochschule Hannover.