Großenhain. Am 9. November 1989 erlebte Steffen Peschel, ein 58-jähriger Großenhainer, einen Wendepunkt in seinem Leben. An einem sonnigen Donnerstag, der die Geschichte prägen sollte, öffnete sich die Mauer und mit ihr die Tore zur Freiheit. Peschel, der zuvor in Berlin für einen Baustoffhandel arbeitete, hatte die Nachricht zunächst nur im Radio gehört. Doch die Verlockung, die Grenze zu überqueren, ließ auf sich warten. Er nahm sich Zeit, holte sich ein Visum und besuchte erst seine Familie, bevor er am Samstag mit seiner Mutter und Freundin nach Westberlin fuhr, um das Begrüßungsgeld zu kassieren.
Die Freiheit kam für Peschel überraschend. „Ich hatte nicht an die Öffnung der Grenzen geglaubt“, gesteht er. Doch als die Mauer fiel, war er einer der ersten, die durch alle sieben Ostberliner Grenzübergänge spazierten. Mit jedem Stempel, den er sammelte, wurde die Realität seiner neuen Freiheit greifbarer. Er bewahrte Flugblätter auf, die vor dem Mauerfall in seinem Betrieb heimlich verteilt wurden, und sammelte über 500 Ansichtskarten der Berliner Mauer. „Wir konnten endlich raus - das hätte doch gereicht“, reflektiert er nostalgisch über die Ereignisse, die sein Leben veränderten.
Ein neues Leben nach der Wende
Die Zeit nach dem Mauerfall war turbulent. Gerüchte über den 1:1 Tausch von Ost- in Westmark verbreiteten sich schnell, doch die Realität war anders. Peschel hatte Schwierigkeiten, pünktlich zur Arbeit in Berlin zu kommen, da die Züge überfüllt waren. Er nutzte die Gelegenheit, DDR-Münzen in Westberlin zu Geld zu machen. Die Wende führte schließlich zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990, und sein DDR-Baustoffhandel wurde in Stinnes Baumarkt umgewandelt. Doch Peschel wurde nicht übernommen und kehrte zurück zu seinem Betrieb in Großenhain. „Wäre die Wende nicht gekommen, wäre ich in Berlin geblieben“, sagt er und erinnert sich an die schönsten Jahre seines Lebens.
Heute, 35 Jahre nach dem Mauerfall, ist Peschel wieder in Berlin, um die Erinnerungen aufleben zu lassen. Als leidenschaftlicher Hobbyfotograf und Sammler besucht er die Orte, die ihm so viel bedeuten. Die Erlebnisse dieser bewegten Tage sind für ihn nicht nur Teil der Geschichte, sondern auch Teil seiner Identität.
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