Ab Montag wird es an den deutschen Landgrenzen zu Frankreich, Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg stationäre Kontrollen geben. Diese Maßnahme wurde von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angeordnet, um insbesondere die irreguläre Migration zu begrenzen und die innere Sicherheit zu stärken. Die seit Langem im Schengen-Raum gewohnte Freiheit des Reisens wird durch diese Kontrollen auf den Prüfstand gestellt, was bei Anwohnern und Politikern besorgniserregende Reaktionen auslöst.
Die Grenzkontrollen, die ab Mitternacht in Niedersachsen beginnen, sollen stichprobenartig und mobil durchgeführt werden, um den Reiseverkehr so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. „Jeder muss sich aber darauf einstellen, dass er ohne Anlass beim Grenzübertritt kontrolliert wird“, so ein Polizeisprecher. Bundespolizisten werden Einsatzkräfte an den Grenzen sein und auch der grenzüberschreitende Bahnverkehr wird einer verstärkten Kontrolle unterzogen. Reisende werden gebeten, ihre Ausweisdokumente griffbereit zu halten.
Reaktionen aus der Grenzregion
In der nordrhein-westfälischen Grenzstadt Herzogenrath äußern Bürger und Stadtvertreter Bedenken bezüglich der neuen Grenzkontrollen. „Wir sind besorgt, dass Grenzkontrollen den Charakter unserer Region verändern könnten“, erklärte ein Sprecher der Stadt. Für die vielen Pendler und die enge wirtschaftliche Verflechtung sei dies eine erhebliche Belastung. „Die Grenze ist an vielen Stellen nicht sichtbar und fließend“, betonte er weiter. Anwohner befürchten, dass die Kontrollen hinderlich für ihre täglichen Aktivitäten werden und die Rückkehr zu einem klaren Grenzregime die offenen Grenzen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit gefährden könnten.
Polen, das von den neuen Kontrollen ebenfalls betroffen ist, kritisiert die abrupten Maßnahmen Deutschlands. Vizeaußenminister Wladyslaw Teofil Bartoszewski erklärte, dass solche Entscheidungen ohne vorherige Rücksprache mit Nachbarn nicht angebracht seien. „Man überrascht seine Nachbarn nicht mit derartigen Entscheidungen“, so Bartoszewski. Er sieht in der Einführung der Kontrollen das „Ende des Geistes von Schengen“, was auf die historische Bedeutung des offenen europäischer Raums hinweist.
Die Bundesregierung in Berlin sieht die Situation hingegen deutlich entspannter. Regierungssprecher Steffen Hebestreit stellte fest, dass er keine Belastung in den deutsch-polnischen Beziehungen erkennen kann. Kanzler Olaf Scholz habe Kontakt zum polnischen Premierminister Donald Tusk und betont die Zusammenarbeit mit der neuen polnischen Regierung. „Wir arbeiten sehr eng zusammen“, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.
Die Kontrollen werden zunächst für sechs Monate an allen deutschen Landgrenzen eingeführt. Bereits seit Oktober des vergangenen Jahres finden jedoch an der Grenze zu Polen Kontrollen statt, die eng koordiniert werden. Für Polen selbst ändert sich also durch die wiederkehrenden Kontrollen nichts. Die ausgedehnten Kontrollen ab Montag beziehen sich lediglich auf die westlichen und nördlichen Grenzen Deutschlands.
Insgesamt scheinen sich die potenziellen rechtlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen dieser neuen Maßnahme noch nicht vollständig abzusehen. Während Bundespolizisten ihre Kontrollen durchführen, wird die Bevölkerung auf die Rückkehr zu einem System gespannt sein, das in Europa als weitgehend überholt galt. Die Herausforderung, das Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freizügigkeit zu finden, bleibt in dieser schnell wechselnden politischen Landschaft bestehen.
AFP/dpa/saha