Die Gamescom in Köln ist nicht nur eine Messe für Gaming-Enthusiasten, sondern auch ein bedeutendes Forum für die Zukunft der Spieleindustrie in Deutschland. Trotz der riesigen Popularität des Videospielmarkts, der Deutschland zu einem der größten Märkte weltweit macht, sieht sich die Branche mit Herausforderungen konfrontiert, die echt besorgniserregend sind. Der Unmut über die politische Unterstützung wird immer lauter und die Unternehmen warten vergeblich auf signifikante Maßnahmen von der Regierung.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellte sich den Fragen der Gaming-Community und gestand offen ein, dass er kein Spieler ist. Diese ehrliche Ansage könnte man als Ausdruck seiner Unkenntnis werten, doch er bringt auch die Verantwortung mit, die auf seinem Ministerium lastet: Mit dem Wechsel zur Ampel-Koalition vor fast drei Jahren übernahm Habecks Ressort die Aufsicht über die Games-Wirtschaft, inklusive eines speziellen Referats, das sich ausschließlich mit dem Thema beschäftigt. Der Minister betonte die Bedeutung von Spielen für die Kreativwirtschaft und die damit verbundene Wertschöpfung.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen der Branche
Trotz dieser lobenswerten Erkenntnis ist die Lage für viele deutsche Spieleentwickler angespannt. Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands Game, entblößt die schmerzliche Wahrheit: „Der Games-Standort Deutschland ist international kaum noch wettbewerbsfähig.“ Länder wie Kanada oder Südkorea bieten bessere Bedingungen für Entwickler. In Deutschland fließen nur fünf Prozent des Branchenumsatzes an lokale Firmen, während die meisten Einnahmen ins Ausland gehen. Dies ist eine alarmierende Situation, die daher rührt, dass die Rahmenbedingungen für die Spieleentwicklung einfach nicht stimmen.
Falk hebt hervor, dass der deutsche Markt, der der größte in Europa ist, eigentlich enormes Potenzial bietet. „95 Prozent der Ausgaben von Spielern aus Deutschland fließen also ins Ausland“, betont er. Hier bräuchte es eine drastische Wende, um die heimische Industrie zu stärken. Die steigende Anzahl der Länderpavillons auf der Gamescom, die von 33 auf 48 angewachsen ist, verdeutlicht, wie viele andere Länder bereits aktiv dafür kämpfen, einen attraktiven Standort für die Gaming-Industrie zu schaffen.
Während andere Nationen flotter vorankommen und große Entwicklungsstudios anziehen, bleibt Deutschland hinterher und verschenkt wertvolle Ressourcen. Das geschieht nicht nur auf finanzieller Ebene, sondern birgt auch kulturelle Risiken. Wenn viel Geld für Spiele aus anderen Ländern ausgegeben wird, beeinflusst dies, welche Geschichten erzählt werden – oft fehlt die deutsche Perspektive.
Politische Maßnahmen und die Gaming-Zukunft
Minister Habeck hat zwar positive Worte für die Branche gefunden, doch es bedarf auch konkreter Taten. Auch die Schaffung eines Förderprogramms im Jahr 2020 mit einem Jahresbudget von 50 Millionen Euro gab anfänglich einen positiven Schub, doch die folgenden zwei Förderstopps, der letzte seit Mai 2023, haben die Branche ins Stocken geraten lassen. Falk beschreibt dies als „Vollbremsung“ und fordert dringend verlässliche Rahmenbedingungen.
Die Hoffnung auf Veränderungen sorgt dafür, dass die Branche vorsichtig optimistisch bleibt. Ein neues „Tax Credit System“ könnte für die Unternehmen steuerliche Entlastungen mit sich bringen. Der Eindruck bleibt jedoch, dass die Spieler und Entwickler in Deutschland mehr als nur warme Worte brauchen. Die Ankündigungen mögen gut gemeint sein, doch die Skepsis bleibt, ob sie tatsächlich umgesetzt werden und ob sie einen nachhaltigen Effekt auf die Branche haben.
Für kleinere Studios ist es besonders kritisch. Sie sind auf Fördergelder angewiesen, um ihre Projekte zu realisieren. Der Erfolg von Rockfish Games, die durch finanzielle Unterstützung ihr beliebtes Spiel „Everspace 2“ erweitern konnten, ist ein Beispiel dafür, wie wichtig solche Hilfen sind. Aber wenn das erste Halbjahr 2023 mit einem Umsatzminus von sechs Prozent auf 4,3 Milliarden Euro alle Beteiligten nervös macht, zeigt dies, dass der Druck auf die Branche wächst. Um stabiler und wettbewerbsfähig zu bleiben, muss jede Unterstützung jetzt geschnappt werden.
Ein Blick auf die Zukunft der Games-Industrie
Wie geht es also weiter mit der Spielebranche in Deutschland? Der Schlüssel zu einer florierenden Industrie könnte im Engagement von Politik und Wirtschaft liegen. Es könnte notwendig sein, sich intensiver mit den Bedürfnissen der Entwickler auseinanderzusetzen, um innovative Ideen und spannende Projekte zu fördern. Denn in einer Zeit, in der digitale Technologien das Leben vieler Menschen prägen, hat die Spieleindustrie das Potenzial, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich bedeutende Beiträge zu leisten.
Wirtschaftliche Bedeutung der Gaming-Industrie in Deutschland
Die Gaming-Industrie hat nicht nur für die Entwickler und Publisher eine immense wirtschaftliche Bedeutung, sondern auch für die gesamte deutsche Wirtschaft. Der deutsche Videospielmarkt erzielte im Jahr 2022 einen Umsatz von rund 4,3 Milliarden Euro, was ihn zum größten europäischen Markt und den fünftgrößten weltweit macht. Der Game-Verband berichtet, dass die Branche mehr als 30.000 Menschen beschäftigt, darunter Entwickler, Grafiker, Projektmanager und viele andere Fachkräfte.
Ein weiterer bedeutender Aspekt ist der Einfluss des Gaming auf die Technologieentwicklung. Viele neue Technologien, die heute in verschiedenen Sektoren Anwendung finden, haben ihren Ursprung in der Gaming-Industrie. Die Entwicklung von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) ist eng mit Gamerfahrungen verbunden und hat Anwendungen in Bildung, Medizin und Immobilien gefunden.
Fördermöglichkeiten und Herausforderungen
Die deutsche Regierung hat zwar ein Förderprogramm eingeführt, das 2020 startete und ein Jahresbudget von 50 Millionen Euro aufweist, jedoch sehen die Mitglieder der Branche dies als unzureichend an. Laut dem Game-Verband ist die Umsetzung lückenhaft, da es seit seiner Einführung bereits mehrere Förderstopps gab, was für die Studios eine erhebliche Unsicherheit bedeutet.
Um die Spieleentwicklung in Deutschland zu fördern, wird ein umfassendes und verlässliches Fördersystem verlangt. Neben der finanziellen Förderung wird auch eine steuerliche Entlastung gefordert, wie sie in anderen Ländern wie Kanada und Großbritannien gilt, die international als führend in der Spieleentwicklung gelten.
Aktuelle gesellschaftliche Auswirkungen des Gamings
Die Rolle von Videospielen hat sich in den letzten Jahren verändert, vor allem mit Blick auf die gesellschaftliche Teilhabe. Gaming fördert soziale Interaktionen, selbst in Zeiten von physischer Distanz. Besonders während der COVID-19-Pandemie erlebte die Industrie einen deutlichen Anstieg der Nutzerzahlen. GamesIndustry.biz stellte fest, dass viele Menschen Spiele als eine Möglichkeit nutzten, Kontakt zu Freunden und Familie aufrechtzuerhalten und Stress abzubauen.
Zusätzlich zeigen Studien, dass Gaming positive Effekte auf die kognitive Entwicklung haben kann. Forschungen der American Psychological Association zeigen, dass bestimmte Videospiele Problemlösungsfähigkeiten und die Reaktionsgeschwindigkeit fördern können. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer positiven Anerkennung der Gaming-Kultur in Deutschland und einer Unterstützung der entsprechenden Industrie.
– NAG