Klipphausen. Bei der Familie Cauvin hat das Schicksal schon früh seine Spuren hinterlassen. Als die Zwillinge Leopold und Raphael im Dresdner Uniklinikum das Licht der Welt erblickten, flammt in ihrem neuen Zuhause ein Feuer auf, was die Familie zwingt, die ersten Wochen woanders zu verbringen. Leopold, der mittlerweile neun Jahre alt ist, besucht die Grundschule und spielt leidenschaftlich Fußball. Auf den ersten Blick kommt er wie jedes andere Kind daher, aber das täuscht. Leopold ist schwerhörig, auf einem Ohr hört er gar nichts und auf dem anderen nur sehr wenig. Diese Diagnose stellte sich nach Besuchen bei verschiedenen Fachärzten heraus, nachdem seine Eltern besonders früh Abweichungen in seinem Hörverhalten feststellten.
Das Leben der Familie ist dadurch allerdings nicht einfacher geworden, denn vor fünf Jahren beantragte Jenny Cauvin, die Mutter, einen Schwerbehindertenausweis für ihren Sohn. Die erforderlichen Formulare füllte sie gewissenhaft aus, obwohl sie keine medizinische Fachkraft ist. Innerhalb weniger Wochen kam die Antwort aus Meißen: Leopold erhielt einen Grad der Behinderung von 70 Prozent. Doch eine detaillierte Begründung, weshalb dieser Wert nicht höher festgesetzt wurde, blieb aus. Entschlossen, für die Rechte ihres Sohnes zu kämpfen, legte sie Widerspruch ein und forderte eine Neubewertung.
Klage gegen den Landkreis Meißen
Seit mehr als vier Jahren läuft das Verfahren nun. In dieser Zeit hatten es wechselnde Sachbearbeiter, der Abteilungsleiter und sogar der Chef des Sozialamtes mit dem Fall zu tun. Die Familie konnte bereits einen Teilsieg verbuchen: Der Grad der Behinderung wurde auf 80 Prozent erhöht. Diese Entscheidung geschah jedoch erneut ohne Begründung und ohne dass Leopold jemals von einem Amtsarzt untersucht wurde. Vielmehr basierte die Erhöhung auf den Audiogrammen eines Hals-Nasen-Ohren-Arztes, der der Auffassung war, Leopold hätte Anspruch auf eine 100-prozentige Schwerbehinderung.
Die aktuelle Einstufung bringt Leopold jedoch keine Vorteile, da er beispielsweise keine Erstattung für den Rundfunkbeitrag erhält, die anderen schwerbehinderten Menschen zusteht. Jenny Cauvin ist verärgert über den langwierigen Prozess und die damit verbundenen Verwaltungskosten, die ihrer Meinung nach vielleicht sogar mehr betragen als der mögliche finanzielle Vorteil für ihren Sohn. Der Nachteilsausgleich, der in Sachsen als Landesblindengeld bekannt ist, würde Leopold monatlich 150 Euro bringen, doch nur, wenn er als 100-prozentig schwerbehindert anerkannt wird.
„Ich will nichts, was meinem Kind nicht zusteht“
In der Kommunikation mit dem Landratsamt erhält die Familie oft die Antwort, dass wegen des Datenschutzes keine Informationen zu konkreten Fällen gegeben werden können, es sei denn, die Familie stimmt schriftlich zu. In einem ihrer Anträge verweist das Amt auf Kriterien, die nur bei vollständiger Taubheit vorliegen würden. Dieser Umstand frustriert Jenny Cauvin, die bereits mehrfach versucht hat, ein Gespräch im Landratsamt zu arrangieren. Diese Angebote wurden jedoch bisher abgelehnt.
Ein Richter hatte der Familie vorgeschlagen, einen Vergleich zu suchen, doch der Termin am 9. September ist mittlerweile vorbei, und jetzt scheinen die Chancen auf eine mündliche Verhandlung im November 2024 gestiegen zu sein. „Ich will nichts, was meinem Kind nicht zusteht“, sagt Cauvin fest entschlossen. Sie fragt sich, warum der Grad der Behinderung ohne Veränderung des Zustandes ihres Sohnes von 70 auf 80 Prozent erhöht wurde und ob finanzielle Aspekte die Entscheidungen der Behörde beeinflussen.
In dieser komplizierten und emotional belastenden Situation bleibt Jenny Cauvin einmal mehr motiviert. Ihre Rhetorik zeigt klar, dass sie für die Rechte ihres Kindes kämpft – und das mit unbeugsamen Willen, unbeachtet der Schwierigkeiten, die der Prozeß mit sich bringt. Für eine detaillierte Betrachtung des Falls, siehe den Bericht auf www.saechsische.de.
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