In Deutschland sind etwa eine Million Menschen von Stuhlinkontinenz betroffen, ein Zustand, der oft als peinlich empfunden wird und wesentliche Einschränkungen im Alltag mit sich bringt. Bei dieser Erkrankung kommt es zu ungewolltem Stuhlabgang, was für die Betroffenen nicht nur körperlich, sondern auch emotional belastend ist. Unbehandelt führt dies häufig zu einem isolierten Leben, da viele ihren Zustand aus Scham vor Familie und Freunden verbergen. Tatsächlich sprechen nur rund 20 Prozent der Betroffenen mit Ihrem Hausarzt oder einem Facharzt über die Beschwerden.
Um diesem Tabuthema entgegenzuwirken, haben Ärzte am Marienhospital Gelsenkirchen eine Informationskampagne ins Leben gerufen. Dr. Christiane Haerting, Oberärztin der Klinik für Chirurgie, nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein. Am Donnerstag, den 10. Oktober 2024, zwischen 16 und 18 Uhr, bietet sie zusammen mit dem Chefarzt Prof. Dr. Andreas M. Raffel eine offene Telefonsprechstunde an. Unter der Telefonnummer 0209 172-53060 können sich Betroffene anonym beraten lassen und mögliche Behandlungsmethoden besprechen.
Therapieansätze bei Stuhlinkontinenz
Durch den Austausch mit den Ärzten können Patienten gezielte Informationen zu wirkungsvollen Therapien erhalten. In über 80 Prozent der Fälle ist eine konservative Behandlung über Stuhlregulation und Beckenbodentraining erfolgreich. Für die verbleibenden 20 Prozent gibt es die Möglichkeit einer minimalinvasiven Therapie, die mittels einer reversiblen Sakralnervensonde erfolgt. Diese Methode hat eine hohe Erfolgsquote von bis zu 90 Prozent.
Dr. Haerting erläutert, dass bei der reversiblen Sakralnervensimulation eine Elektrode in der Nähe des Beckenbodennervs platziert wird. Der Patient erhält einen Schrittmacher, den er sechs bis acht Wochen in einem Beckengürtel trägt. Während dieser Zeit wird die Verbesserung seiner Symptome dokumentiert. Nach der Testphase, sofern sich die Symptome um mindestens 50 Prozent gebessert haben, kann der Schrittmacher dauerhaft implantiert werden. Dies geschieht, um die Beckenbodennerven kontinuierlich zu stimulieren, was langfristig zu einer besseren Wahrnehmung und Muskulatur führt.
Die von Dr. Haerting gewählte Methodik gilt nicht nur als effektiv, sondern hat sich durch jahrelange klinische Anwendung auch als sicher erwiesen. Hervorzuheben ist, dass die ursprüngliche Entwicklung dieser Technik zur Behandlung von Harninkontinenz diente. Die positiven Effekte bei der Stuhlinkontinenz wurden im Nachhinein entdeckt.
„Allen Mut zusammennehmen und offen über die Beschwerden sprechen“, rät Dr. Haerting den Betroffenen. Ihr Aufruf ermutigt Menschen, sich nicht von Scham leiten zu lassen, sondern aktiv einen Weg zu suchen, um Hilfe und Behandlung zu bekommen. Die proktologische Ambulanz am Marienhospital steht als kompetente Anlaufstelle zur Verfügung, um individuelle Behandlungspläne zu erarbeiten und das Leiden an Stuhlinkontinenz gemeinsam zu überwinden. Weitere Informationen sind unter der genannten Telefonnummer erhältlich und in einem ausführlichen Bericht auf www.lokalkompass.de zu finden.