Saarbrücken (dpa) – Der Streit zwischen Bund und Ländern bezüglich der Finanzierung für die Digitalisierung der Schulen in Deutschland zieht sich weiter. Vor allem die Kultusministerkonferenz (KMK), unter der Leitung der Saarländer Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), äußert ihre Ungeduld. Am Mittwoch in Saarbrücken betonte sie, dass nach dem aktuellen Haushaltsentwurf des Bundes die Frage, wie der nächste Digitalpakt aussehen wird, immer noch offen sei. „Die Länder sind ausgesprochen ungeduldig“, erklärte sie, während sie darauf verwies, dass eine Sondersitzung der KMK bereits am 2. September einberufen wurde, um konkrete Schritte zur Verhandlung mit dem Bund zu besprechen.
Ein zentrales Anliegen der Länder ist die finanzielle Sicherstellung für die Neuauflage des milliardenschweren Förderprogramms zur Digitalisierung. Bereits seit Monaten drängen sie auf klare Zusagen des Bundes, um die geplanten Investitionen zu konkretisieren. Die KMK fordert, dass ab dem Jahr 2025 mindestens 1,3 Milliarden Euro jährlich für die digitale Infrastruktur bereitgestellt werden. Hintergrund dieser Forderung sind die Erfahrungen aus dem ersten Digitalpakt, der im Mai auslief, bei dem der Bund 90 % der Ausgaben trug. Künftig plant jedoch der Bund eine Aufteilung der Kosten im Verhältnis 50/50, was die Länder als überfordernd empfinden.
Verzögerungen durch unklare Finanzierung
Streichert-Clivot äußerte die Hoffnung, dass bis Januar 2025 ein verlässliches Ergebnis vorliegen wird. „Ich glaube, der Bund kann es sich nicht leisten, aus diesem Programm auszutreten“, sagte sie und wies darauf hin, dass die Digitalisierung ein Bestandteil der Lebensrealität aller Menschen ist und diese in den Ländern bestehen bleiben müsse. Trotz ihrer Zuversicht bemerkte sie jedoch, dass die bisherigen Gespräche und der schriftliche Austausch mit der Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nicht zu einer Klärung der finanziellen Fragen geführt haben. „Von der Länderseite kann ich nicht Entwarnung geben“, betonte die KMK-Präsidentin.
Die Unklarheit über die künftige Finanzierung hat in den Ländern bereits zu Verzögerungen bei wichtigen Entscheidungen geführt. Streichert-Clivot machte deutlich: „Ich glaube, es gibt kein nachhaltigeres Programm, das in der Lage ist, bestehende Strukturen zu stärken.“ Dies unterstreicht die Dringlichkeit einer schnellstmöglichen Einigung, da die Digitalisierung an Schulen nicht nur den Lehrinhalt, sondern auch die technischen Rahmenbedingungen entscheidend beeinflusst.
Der erste Digitalpakt, der seit 2019 in Kraft ist, sah eine Beteiligung des Bundes von 6,5 Milliarden Euro vor. Diese Investitionen waren entscheidend für die Ausstattung der Schulen mit Laptops und digitalen Tafeln. Doch der Wille zu einer kontinuierlichen und verlässlichen Finanzierung fehlt nach wie vor, was die aktuell geführten Gespräche erschwert und die Planungen in den Ländern beeinträchtigt.
Notwendigkeit einer zügigen Lösung
Es ist unbestritten, dass die Digitalisierung Schulen nicht nur moderner gestalten, sondern auch den Unterricht effizienter machen kann. Für die Länder ist es daher von höchster Bedeutung, dass eine eindeutige Positionierung des Bundes erfolgt. Streichert-Clivot hat die Dringlichkeit klar herausgestellt, indem sie anmerkte: „Uns wäre sehr daran gelegen, wenn zum neuen Jahr ein verlässliches Ergebnis da ist, mit dem man starten kann.“ Die Unsicherheit hindert die Länder daran, die notwendigen Schritte zur Umsetzung innovativer Lehrmethoden und Technik voranzutreiben.
Die nächsten Wochen könnten entscheidend für den Verlauf dieser Thematik sein. Die KMK wird weiterhin an einem Konsens arbeiten, um die Zusammenarbeit mit dem Bund nachdrücklich zu forcieren. Nur durch eine klare und verlässliche Finanzierung kann die Digitalisierung an Schulen die positive Entwicklung nehmen, die für die zukünftigen Generationen so wichtig ist.
Die Thematik der Digitalisierung an Schulen ist nicht nur eine aktuelle Herausforderung, sondern hat auch historische Wurzeln und eine lange Entwicklungsgeschichte. Bereits in den frühen 2000er Jahren begann die Diskussion um die digitale Ausstattung von Schulen in Deutschland. Projekte wie „Schulen ans Netz“ waren frühe Versuche, die Schulen mit digitalen Technologien auszustatten. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich jedoch die Bedeutung dieser Themen vervielfacht, insbesondere im Kontext der Pandemie, die der digitalen Transformation einen kräftigen Schub gegeben hat.
Durch den ersten Digitalpakt, der 2019 ins Leben gerufen wurde, unternehme die Bundesregierung Schritte in die richtige Richtung. Dieser Pakt sollte die digitale Infrastruktur in Schulen erheblich verbessern. Dennoch stehen die Länder in der gegenwärtigen Diskussion unter Druck, da die Finanzierung nicht ausreichend gesichert ist. Der unterschiedliche Umgang der Bundesländer mit dem Digitalpakt ist auch ein Indiz dafür, dass es keine einheitliche Lösung im Bildungssystem gibt.
Herausforderungen und Widerstände
Die Digitalisierung an Schulen ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Neben der finanziellen Dimension gibt es auch technische und organisatorische Hürden. Viele Schulen verfügen nicht über die notwendige technische Infrastruktur, um digitale Geräte sinnvoll einzusetzen. Auch die Lehrkräfte müssen oft zuerst geschult werden, um digitale Technologien effektiv in den Unterricht zu integrieren. Das führt in den Ländern zu einem erhöhten Bedarf an Fachkräften und entsprechenden Schulungsprogrammen.
Hinzu kommt, dass der Zugang zu digitalen Ressourcen und das technische Know-how von Region zu Region stark variieren. In ländlichen Gegenden sind oftmals nicht nur die Schulen, sondern auch die Internetanbindungen weniger gut ausgebaut als in städtischen Gebieten. Dies legt den Fokus auf die Notwendigkeit, die digitale Kluft zu überbrücken und gerechte Bildungschancen für alle Schüler zu gewährleisten.
Aktuelle Statistiken zur Digitalisierung in Schulen
Aktuelle Statistiken zeigen, dass trotz der Investitionen in digitale Technologien viele Schüler nach wie vor in einer Umgebung lernen, die nicht ausreichend mit digitalen Geräten ausgestattet ist. Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2022 gaben 41 % der Lehrer an, dass sie in ihren Schulen nicht über ausreichende digitale Infrastruktur verfügen. Das bedeutet, dass mehr als ein Drittel der Lehrkräfte Schwierigkeiten hat, digitalen Unterricht durchzuführen.
Parallel dazu zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung, dass 74 % der Befragten der Meinung sind, dass die digitale Bildung in Deutschland im internationalen Vergleich hinterherhinkt. Dies unterstreicht den Handlungsbedarf der Politik und der Bildungseinrichtungen, um eine nachhaltige digitale Bildung zu gewährleisten und die Schüler angemessen auf die zukünftigen Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten.
Insgesamt variiert die Einschätzung der digitalen Ausstattung an Schulen erheblich zwischen den Bundesländern, was die Notwendigkeit einer einheitlichen Strategie zur Digitalisierung unterstreicht. Die laufenden Diskussionen und Verhandlungen über die zukünftige Finanzierung des Digitalpakts sind entscheidend, um eine einheitliche und qualitativ hochwertige digitale Bildung in Deutschland zu ermöglichen.
– NAG