Am 8. Dezember 1874 wurde im beschaulichen Dorf Rickenbach eine revolutionäre „Milchfabrik“ eröffnet! Die Anglo-Swiss Condensed Milk & Co. aus der Schweiz, unter der Leitung von Direktor Wilhelm Auer, setzte damit einen bedeutenden Schritt in das neue Deutsche Kaiserreich. Diese Fabrik war nicht nur ein Produktionsstandort, sondern auch ein Symbol für den Aufstieg der industriellen Milchverarbeitung in der Region.
Die Gebrüder Page aus den USA, die hinter dem englisch-schweizerischen Konzern standen, kauften zuvor die Rickenbacher Sägemühle und fünf Bauernhöfe auf. Die Familien mussten umziehen, während die Fabrik begann, gezuckerte Kondensmilch zu produzieren. Die Schließung des Werks in Gossau führte zu Entlassungen, doch die neue Fabrik in Rickenbach boomte! Bereits 1902 wurden täglich unglaubliche 50.000 Liter Milch von rund 3000 Kühen verarbeitet. Diese Milch stammte aus der Umgebung, vom Bodenseeufer bis hin zu Vorarlberger Bauernhöfen.
Konkurrenzkampf und Arbeitsbedingungen
Doch der Erfolg brachte auch Herausforderungen mit sich! Die Tettnanger Oberamtsbeschreibung von 1915 berichtete von einem erbitterten Konkurrenzkampf zwischen dem Konzern und den lokalen Sennereien. Die Preise, die die Rickenbacher Fabrik für Milch zahlte, waren für viele Molkereien nicht tragbar. Währenddessen arbeiteten rund 145 Angestellte in der Fabrik unter harten Bedingungen: sechs Tage die Woche, zehn Stunden am Tag! Die sozialen Einrichtungen waren bescheiden, doch die Fabrik war ein wichtiger Arbeitgeber in der Region.
Die Weltwirtschaftskrise ab 1931 brachte jedoch den Niedergang. Die einst blühende Fabrik, die 220.000 Reichsmark an die Dornier Metallbauwerke in Friedrichshafen verkauft wurde, war ein Schatten ihrer selbst. Die Bauern, die einst stolz ihre Milch lieferten, standen nun vor dem Ruin. Die Geschichte der Rickenbacher Milchfabrik ist ein faszinierendes Kapitel der industriellen Entwicklung, das von Aufstieg und Fall geprägt ist!