Uli Borowka, der ehemalige Profi des SV Werder Bremen und Nationalspieler, hat kürzlich über seine persönliche Hölle und den Kampf gegen die Alkoholabhängigkeit gesprochen. Für viele ist Borowka vor allem bekannt als zähester Gegenspieler auf dem Platz, doch das, was er abseits des Spielfeldes durchlebt hat, ist ein Kampf mit einem Gegner, den man sich nicht einfach vom Leib halten kann. In einer Veranstaltung im Mehrgenerationenhaus Schweizer Viertel teilte er seine bewegende Geschichte und setzte sich für eine verbesserte Suchtprävention ein.
Seine Offenheit begann mit dem Eingeständnis langer Illusionen: „Ich habe mich über viele Jahre selbst belogen, meine Kinder, meine Familie,“ schilderte Borowka dem Publikum. Der Tiefpunkt seines Lebens fiel auf das Jahr 1996. Damals wurde er von Werder Bremen aufgrund seines exzessiven Trinkverhaltens entlassen, und auch seine Frau brach ihm das Herz, indem sie ihn mit seinen beiden Kindern verließ. Zurückgelassen in einer einsamen Villa in Oberneuland, versank Borowka in einer Spirale aus Wein und Tabletten. „Ich war zwölf bis sechzehn Stunden bewusstlos. Das war nicht der Grund, aufzuhören; ich war schon zu tief drin“, betonte er eindringlich.
Die Folgen des Drucks auf Athleten
Der Weg zu Borowkas Abhängigkeit begann schon in seiner Jugend. Bereits während seiner Schlosserlehre war Alkohol ein ständiger Begleiter. „In der einen Woche sollte ich ein Bier mittrinken, zwei Wochen später tranken wir über den Tag eine Flasche Apfelkorn,“ erinnerte sich der Ex-Spieler. In seiner ersten Station als Amateurfußballer bei Borussia Mönchengladbach geriet er in eine gefährliche Spirale. Der Druck, in der Konkurrenz der Profispieler zu bestehen, wurde durch innere Ängste und Versagensängste verstärkt. „Ich konnte über meine Gefühle nicht reden; das war eine explosive Mischung,“ erklärte Borowka.
In dieser Zeit war der Umgang mit Alkohol für ihn eine Art Flucht vor dem Druck und den Erwartungen, die an ihn gestellt wurden. Borowka erlebte die Tatsache, dass in der Leistungsgesellschaft Alkohol oft als akzeptables Mittel betrachtet wird, solange die Leistung stimmt. „Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Du kannst besoffen vom Stuhl fallen – so lange du Leistung bringst“, kritisierte er die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Verhaltensweisen vehement.
Ein Weg zur Erkenntnis
Sein weiterer Abstieg setzte sich bis ins Jahr 2000 fort, als er betrunken von einer Brücke stürzte. Dieses Erlebnis führte ihn zu einer der wichtigsten Entscheidungen seines Lebens: Er suchte Hilfe und wurde in eine Entzugsklinik eingewiesen, dank des Rates eines alten Freundes aus der Zeit in Gladbach. „Drei Wochen später habe ich mir eingestanden: Ich bin Alkoholiker und bin dortgeblieben,“ erzählte Borowka, dessen Verlust an Geld, Familie und Lebensqualität schmerzlich war.
Heute ist Uli Borowka seit mehr als 20 Jahren trocken. Doch er ist realistisch: „Es ist nur ein Anfang. Ich bin gefährdet bis an mein Lebensende.“ Borowka hat sich zum Suchtberater ausbilden lassen und setzt sich aktiv für eine bessere Suchtprävention ein, indem er Vorträge und Lesungen hält, um anderen Betroffenen und deren Angehörigen zu helfen. „Wir sollten auf den Menschen zugehen, wenn wir sehen, dass jemand Probleme hat, auch wenn das nicht einfach ist,“ ermutigte er die Anwesenden, sich einzubringen.
Sein eindringlicher Appell, sich mit dem Thema Sucht auseinanderzusetzen, reflektiert die aktuelle Realität: Alkohol ist ein Zellgift, das nicht nur den Körper, sondern auch das soziale Umfeld stark schädigt. Jährlich sterben in Deutschland fast 60.000 Menschen an den Folgen des Alkoholkonsums, der zudem volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von rund 57 Milliarden Euro verursacht.
Die Diskussion über Sucht und deren Prävention gewinnt zunehmend an Bedeutung, gerade in Anbetracht der gesellschaftlichen Akzeptanz und der Herausforderungen, die damit verbunden sind. Borowkas persönliche Geschichte und seine Einsichten könnten bedeutsame Impulse für eine breitere Diskussion über den Umgang mit Suchtverhalten in allen gesellschaftlichen Schichten setzen.
– NAG