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Bremen und der Kolonialismus: Einblicke in die vergessene Geschichte

In einem aktuellen Buch werden drei überraschende Aspekte der Kolonialgeschichte Bremens beleuchtet, darunter die erste Tropenhelmfabrik und die Hochseefischerei vor Island, um die vielfältigen Verbindungen der Stadt zum Kolonialismus aufzuzeigen und das Bewusstsein für deren Auswirkungen bis heute zu schärfen.


Bild: dpa | ullstein bild

Bremen hat eine tief verwobene, oft vergessene Geschichte mit dem Kolonialismus. Ein neues Buch beleuchtet die verschiedenen Facetten der Bremer Vergangenheit und deren Auswirkungen auf die heutige Gesellschaft.

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Die Bedeutung bremer Kolonialgeschichte für die Gegenwart

Die Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte ist mehr als nur ein Blick in die Vergangenheit; sie hat unmittelbare Auswirkungen auf unsere heutige Gesellschaft. Norman Aselmeyer, Mit-Herausgeber des Buches „Stadt der Kolonien – Wie Bremen den deutschen Kolonialismus prägte“, betont die Notwendigkeit, dieses Wissen zu verbreiten. „Viele wissen nicht, wie stark diese Themen in die Bremer Stadtgeschichte eingewoben sind“, erklärt der Historiker.

Unbekannte Aspekte der Bremer Geschichte

Das Buch enthält viele weniger bekannte Kapitel der kolonialen Vergangenheit Bremens. Neben der Hochseefischerei vor Island und der ersten Tropenhelmfabrik wird auch die Umbenennung von Straßen diskutiert. Ein zentraler Punkt, den die Autoren hervorgeben, ist, dass die maritimen Aktivitäten Bremens einen entscheidenden Einfluss auf das Kolonialnetzwerk hatten, obwohl die politischen Entscheidungen oftmals anderswo fielen.

Kritische Fragen zur Rolle Bremens im Kolonialismus

Ein besonders aufschlussreicher Teil des Buches beleuchtet die Fischerei vor Island gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Autoren beschreiben, wie sich bremische Fischer der Gewässer vor Island bedienten, die damals technologisch nicht auf das gleiche Niveau wie die europäischen Fischereinationen waren. „Diese Gewässer wurden in der Wahrnehmung der bremischen Fischer als quasikoloniale Ressource betrachtet“, erklärt Ingo Heidbrink, was die wirtschaftliche Ausbeutung auch in nordischen Gewässern aufzeigt.

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Die erste Tropenhelmfabrik in Bremen

Ein weiterer weniger bekannter Fakt ist die Gründung der ersten Tropenhelmfabrik durch die Firma Ludwig Bordtfeld im Jahr 1896. Diese Fabrik trug dazu bei, den massiven Bedarf an speziellen Kopfbedeckungen für die deutschen Schutztruppen zu stillen. „Das Nackenteil des Helms konnte eingeklappt werden, sodass man ungehindert schießen konnte“, erklärt die Autorin Laura Haendel. Heutzutage sind von dieser Fabrik keine Überreste mehr zu finden, da an ihrer Stelle Wohnhäuser stehen.

Bewusstsein schaffen für die kolonialen Auswirkungen

Virginie Kamche, Mitgründerin des Vereins Afrika Netzwerk Bremen, skizziert die Auswirkungen der Kolonialzeit auf die heutige Gesellschaft und das Bewusstsein dafür. „Es gibt viele Vorurteile in den Köpfen der Menschen“, sagt Kamche. Die Wahrnehmung des Kolonialismus als etwas, das „nur in fernen Ländern“ stattfand, ist weit verbreitet. „Die Nachwirkungen spüren wir bis heute“, so die engagierte Aktivistin.

Schulen und die koloniale Propaganda

Ein interessanter Aspekt ist die Bildung der Bremer Schüler in Bezug auf das koloniale Erbe. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden Lichtbildvorträge an Schulen gehalten, um Kinder für die Kolonien zu begeistern. „Unsere Pflicht ist es, die Erinnerung an unsere Kolonialepoche bei unseren Kindern lebendig zu halten“, zitieren die Autoren den Tabakhändler Johann Karl Vietor aus dem Jahr 1924. Diese Praxis erreichte während der Nationalsozialisten ihren Höhepunkt, wurde jedoch zunehmend auf rassistische und völkische Ideologien reduziert.

Quelle:
buten un binnen.

Dieses Thema im Programm:
Bremen Zwei, Der Nachmittag, 12. August 2024, 17:38 Uhr

– NAG

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