Das Leben der Ratais aus Feldberg ist ein faszinierendes Beispiel für Kontinuität, Engagement und Liebe zur Natur, die bis in die Zeit der DDR zurückreicht. Lothar und Ursula Ratai, ein Paar, das in diesem Jahr eine bemerkenswerte Lebensreise feiert, stehen im Mittelpunkt dieser Geschichte. Während Lothar im Oktober seinen 90. Geburtstag feiern wird, blicken sie auch auf das bevorstehende 60-jährige Jubiläum ihrer Hochzeit im Jahr 2025 zurück. Ihre Verbindung und ihre Wurzeln in Feldberg bieten einen tiefen Einblick in das Leben in der DDR sowie in den Naturschutz, der schon damals für Lothar Ratai von großer Bedeutung war.
Ursula Ratai, die bei Pflegeeltern aufwuchs, hatte die Herausforderung, früh eine Vollwaise zu werden. Ihre Eltern konnten ihr nicht die Liebe und Sicherheit bieten, die sie benötigte, und dennoch fand sie ihren Weg. Mit einer Karriere als Betriebsverkehrs-Eisenbahnerin, in der sie schließlich auch den Fahrdienstleiter-Posten übernahm, zeichnete sie sich durch Entschlossenheit und Hingabe aus. Auf der anderen Seite war Lothar Ratai, der nach seinem Landwirtschafts-Studium in den Norden Deutschlands versetzt wurde, von der Idee des Naturschutzes umgeben, was seine Entwicklung zum umweltbewussten Landwirt prägte.
Die Anfänge in Feldberg
Im Jahr 1965, einem entscheidenden Jahr für das Ehepaar, heirateten sie und zogen nach Feldberg, wo Lothar Ratai schnell zum Vorsitzenden der LPG Lüttenhagen wurde. Ursula übernahm die Leitung des Bahnhofs in Feldberg, und gemeinsam erlebten sie die Herausforderungen und Freuden des Lebens in der DDR. Besonders stolz waren sie auf die günstige 90-Quadratmeter-Wohnung, die ihnen im Rahmen ihrer Leitungsfunktion angeboten wurde. In einer Zeit des Wohnungsmangels war dies für das junge Paar ein großer Glücksfall.
In jener Zeit wurden die beiden Eltern von zwei Töchtern, die 1966 und 1971 zur Welt kamen. Obwohl es in der DDR unüblich war, nach der Geburt zu Hause zu bleiben, hatten die Ratais für ihre Kinder schnell einen Krippenplatz organisiert. Ursula Ratai bedauert, dass sie nicht länger zu Hause bleiben konnte, besonders da der Einsatz auf der Schiene zu Hochzeiten des Reiseverkehrs zwischen den Urlaubern oft nötig war. „Ich hätte gerne mehr Zeit mit den Kindern verbracht”, reflektiert sie heute.
Engagement für die Natur
Bedingt durch die verschiedenen Verantwortlichkeiten in ihrer beruflichen Laufbahn, verlieren Lothar und Ursula nie ihre Liebe zur Natur aus den Augen. Lothars Leidenschaft für den Naturschutz zeigte sich schon früh. Während seiner Tätigkeit als LPG-Vorsitzender sorgte er dafür, dass in jedem Dorf, in dem er agierte, Störche nisten konnten. „Wir reparierten die Nester und sorgten dafür, dass die Vögel gut gefüttert wurden“, berichtet er stolz. Besonders in der DDR war der Schutz der Artenvielfalt von großer Bedeutung, insbesondere in Bezug auf die Bienen, die für eine erfolgreiche Rapsblüte unerlässlich waren.
Die Rapsfelder, die Lothar pflegte, zogen auch Imker aus anderen Regionen an, die ihre Bienenwägen für die Bestäubung einsetzten. Diese Verbindung zur Natur hat auch heute noch Bestand. Lothar setzt sich aktiv für den Erhalt gefährdeter Pflanzenarten wie der Raue Nelke ein, die nur durch regelmäßige Pflege in Form der Mahd überleben kann. Sein Engagement bleibt bis ins hohe Alter lebendig, wenn er mehrmals jährlich mit der Sense zur Wiese fährt und dort selbst Hand anlegt.
Lebensfreude im Alter
Im Alter bleibt Lothar Ratai aktiv und pflegt sogar die Wiesen, die für ihn und seine Familie von Bedeutung sind. „Ich genieße diese Zeit in der Natur“, sagt er mit einem Lächeln. Gemeinsam mit seiner Frau Ursula, die ihn oft unterstützt, lebt das Paar weiterhin mit Tieren zusammen, was ihnen Freude bereitet. Die vergangenen Jahre waren gefüllt mit der Verantwortung für Schafe, Ziegen und sogar Esel, die für ihre Töchter angeschafft wurden. Heute teilen Lothar und Ursula ihr Leben mit einem Hund namens Benni, der im Herzen des Paares einen besonderen Platz einnimmt.
Nicht nur die Natur, auch die Musik begleitet das Paar. Lothar, der seinen 90. Geburtstag plant, wird an diesem besonderen Tag in seiner alten Heimat, in Sebnitz, feiern. Die Vorfreude auf die Feier wird von den Erinnerungen an eine erfüllte und neu gestaltete Lebenszeit geprägt, die den beiden dabei hilft, den Lebensüberdruss in ihrer weiteren Zukunft abzuwehren. „Das Leben geht weiter, solange man es aktiv gestaltet“, so Lothar Ratai.
