Der Frauenfußball hat sich in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus gerückt, doch die Sponsoren scheint er noch nicht vollständig zu überzeugen. In einem ehrlichen Interview erläutert Karsten Ritter-Lang, Präsident von Turbine Potsdam, die Herausforderungen und Chancen, die mit dem Sponsoring im Frauenfußball verbunden sind.
Die Diskussion um das Sponsoring von Frauenfußballvereinen zeigt, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, eine langfristige Perspektive für sich zu sehen. Laut Ritter-Lang fehlt es oft an Sichtbarkeit und an einer echten Vermarktungsstrategie. Dennoch gibt es Anzeichen, dass sich die Dinge ändern könnten. „Die Zuschauerzahlen in den Stadien steigen, und wir sehen ein wachsendes Interesse an Frauenfußball“, erklärt er. Aber trotz dieser Fortschritte, glaubt er, dass viele Firmen die Möglichkeiten, die Frauenfußball bietet, einfach noch nicht erkannt haben.
Hürde Sichtbarkeit und strukturelle Herausforderungen
Eines der Hauptprobleme ist die nationale Sichtbarkeit des Frauenfußballs. Während der Deutsche Fußball-Bund (DFB) einige Schritte unternommen hat, um die Frauenliga zu fördern, mangelt es an einer umfassenden und nachhaltigen Kampagne. „Die Sichtbarkeit ist entscheidend, um neue Fans und Mitglieder zu gewinnen“, so Ritter-Lang. Unternehmen müssen begreifen, dass sie nicht nur finanzielle Unterstützung bieten, sondern auch aktiv zur Sichtbarkeit des Sports beitragen können.
Erschwert wird die Suche nach Sponsoren zusätzlich durch die Größe und Bekanntheit der Vereine mit Herrenabteilungen. „Wir sind wie David gegen Goliath“, beschreibt Ritter-Lang die Situation. Große Vereine erhalten oft Unterstützung durch Agenturen und können auf ein etablierteres Netzwerk zurückgreifen. Turbine hingegen muss alles selbst in die Hand nehmen, was oft zu einem mühsamen Prozess wird. Die Kommunikation mit potenziellen Sponsoren gestaltet sich schwierig; von 100 gesendeten E-Mails kommen meist nur wenige Antworten zurück, und die meisten sind negative Rückmeldungen.
„Wir haben auch mit Gutscheinen und Crowdfunding gearbeitet, um zusätzliche Unterstützung zu bekommen, aber das reicht nicht aus“, sagt Ritter-Lang und weist auf die Notwendigkeit hin, eine langfristige und substanzielle Finanzierung sicherzustellen. Der Verein, der mit einem wichtigen Sponsor wie der AOK zusammengearbeitet hat, sieht sich nun auf der Suche nach neuen Geldgebern.
Politische Phrasen und der Wunsch nach Gleichberechtigung
Ritter-Lang thematisiert auch die Schwierigkeiten, die Gleichstellung im Sport zu erreichen. „Es gibt viele politische Phrasen, aber die Taten sind oft nicht vorhanden“, kritisiert er. Um wirkliche Gleichberechtigung zu schaffen, müssten Sponsoren bereit sein, die nötigen finanziellen Mittel bereitzustellen, um Spielerinnen ebenso gut zu entlohnen wie ihre männlichen Kollegen. „Wenn jemand wirklich Gleichheit will, sollte er uns fragen, wie viel wir benötigen, um unsere Spielerinnen gut zu bezahlen“, fordert er offen.
„Die Realität sieht oft ganz anders aus“, fügt er hinzu. Bei Turbine Potsdam liegt die durchschnittliche Finanzierung noch weit hinter dem, was im Männerfußball üblich ist. Eine Anhebung der Budgets und ein Umdenken der Unternehmen sind unerlässlich, damit der Frauenfußball sich weiterentwickeln und zu einer ernstzunehmenden Plattform für Sponsoren werden kann.
Die Herausforderungen im Sponsoring des Frauenfußballs sind also vielfältig und reichen von der Sichtbarkeit über die strukturellen Unterschiede zu den Herrenmannschaften bis hin zu den Fragen der Gleichberechtigung und finanziellen Unterstützung. Um eine erfolgreiche Partnerschaft aufzubauen, sollten Unternehmen die Tradition und Verbundenheit eines Vereins wie Turbine Potsdam erkennen und verstehen, was der Frauenfußball ihnen bieten kann.
Abschließend bleibt zu sagen, dass die Suche nach Hauptsponsoren eine laufende Aufgabe ist, die viel Geduld und Kreativität erfordert. Turbine Potsdam scheint jedoch gewillt, jede Möglichkeit zu nutzen, um den Frauenfußball weiter voranzutreiben und sichtbarer zu machen.
– NAG