Bei der jüngsten Wahl in Brandenburg fiel besonders ein Ereignis auf, das bei vielen für Empörung sorgte. Junge Anhänger der Alternative für Deutschland (AfD) stimmten auf einer Wahlparty einen umgedichteten Song an, der in seiner Botschaft nicht nur hitzig, sondern auch äußerst kontrovers war. Diese Vorfälle werfen ein Licht auf die zunehmende Radikalisierung und die Verwendung von Musik als politisches Werkzeug.
Zu hören waren Zeilen wie „Hey, jetzt geht’s ab, wir schieben sie alle ab“, die von den jungen AfD-Anhängern in einem Gasthof im Potsdamer Stadtteil Marquardt lautstark intoniert wurden. Die AfD landete bei der Wahl mit 29,2 Prozent sprichwörtlich nur einen kleinen Schritt hinter der SPD (30,9 Prozent). Anwesend waren prominenteste Parteivertreter, darunter der Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt sowie die Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel.
AfD-Wahlparty als Spiegel der Gesellschaft
Die Melodie, die von den Anhängern so enthusiastisch gesungen wurde, stammt ursprünglich von der Band „Die Atzen“ – ein Song, der sich durch eine eingängige und feierliche Stimmung auszeichnet. Doch hier wurde sie auf eine Weise verwendet, die einen tiefen Riss in der gesellschaftlichen Debatte über Migration und Abschiebepolitik aufzeigt. Der Rechtsextremismus-Experte Lorenz Blumenthaler von der Amadeu-Antonio-Stiftung erklärte, dass sich bereits während des Wahlkampfs ein „Abschiebe-Song“ entwickelt hatte, der als inoffizieller Wahlkampf-Hit der AfD auf Plattformen wie TikTok große Verbreitung fand.
„Die offizielle Parteispitze scheint sich unverhohlen an der eigenen Menschenfeindlichkeit zu berauschen“, so Blumenthaler weiter. Diese Art der politischen Musik, die die ernsten und oft traumatischen Themen der Abschiebung auf eine banale und spaßige Weise thematisiert, führt dazu, dass Rassismus und Diskriminierung nicht nur toleriert, sondern aktiv propagiert werden.
Die Bedeutung von Musik im politischen Diskurs
Dieser Vorfall ist nicht der erste seiner Art. Ähnliche Videos von AfD-Wahlpartys aus Thüringen zeigen, dass die Nutzung von Musik zur Verbreitung rechtsextremer Ideen zunehmend an Popularität gewinnt. Bei einer vorherigen Wahlparty wurde der Song „L’amour toujours“ ohne den rassistischen Zusatz „Ausländer raus!“ gesungen, was als ein weiterer Ausdruck des sich etablierenden Rechtsextremismus der Partei deuten lässt.
Experte Blumenthaler hebt hervor, dass es sich beim Lied der AfD und der banalen Darstellung der Abschiebepolitik nicht um einen temporären Trend handelt. Vielmehr handelt es sich um eine gezielte Strategie, die den Kern rassistischer Ideologie, verpackt in eingängige Melodien, für jüngere Generationen zugänglicher macht. „Mit jedem Wahlerfolg wird der Rassismus offener. Wir erleben, wie alle Hemmschwellen fallen“, sagt er. Diese Verharmlosung sei besonders gefährlich, da sie die realen und oftmals gewaltsamen Auswirkungen der Abschiebepolitik in ein „unbeschwertes“ Licht taucht.
René Springer, der Vorsitzende der AfD-Brandenburg, sieht in der politischen Satire hingegen kein Problem und bezeichnet den Umgang mit dem Thema als „völlig vertretbar“. Diese Haltung kritisiert Blumenthaler scharf, da sie dazu beiträgt, eine gewaltvolle und diskriminierende Politik als etwas Unterhaltsames darzustellen. „Das senkt natürlich die Hemmschwelle, denn wie schon bei L’amour toujours wird alles als spaßig und witzig dargestellt“, warnt Blumenthaler und ergänzt, dass solche Darstellungen besonders für Jugendliche gefährlich sind, da sie die extremen Ideologien zunehmend selbstverständlich erscheinen lassen.
Die Diskussion über diese Vorfälle geht weiter und beleuchtet die gefahrvollen Verstrickungen zwischen politischer Radikalisierung und kulturellem Ausdruck. Solche Ereignisse sind Zeichen für eine drohende Entnormalisierung von Rassismus in der Gesellschaft und werfen grundsätzliche Fragen über die Risiken auf, die eine solche Entwicklung mit sich bringt. Die AfD selbst nutzt diese Phänomene geschickt, um Zustimmung zu generieren und ihre politischen Ideale verpackt in vermeintlich harmlose Unterhaltung zu verbreiten, und zwar genau in dem Moment, in dem die Gesellschaft wachsam bleiben sollte.
Diese Belange werden nicht nur in sozialen Medien lautstark artikuliert, sondern verlangen auch von der Gesellschaft eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle, die Musikkultur im politischen Diskurs spielt. Beobachter zeigen sich besorgt darüber, wie schnell vermeintlich harmlose Lieder eine tiefere gesellschaftliche Spaltung und Ungleichheit zementieren können.