Am Freitag feiert Kardinal Rainer Maria Woelki sein zehnjähriges Dienstjubiläum als Erzbischof von Köln, und das ganz im Stillen. Viele Stimmen, die bei seinem Amtsantritt 2014 in der rheinischen Metropole große Hoffnungen auf frischen Wind in der Kirche setzten, sind mittlerweile verstummt. Besonders seit die Diskussion um den Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche an Intensität gewonnen hat, ist der Rückhalt für den 68-Jährigen geschwunden.
Obwohl Papst Franziskus bereits vor zweieinhalb Jahren einen Rücktritt Woelkis angeregt hatte, bleibt dieser auf seinem Posten, unterbrochen durch eine mehrmonatige Auszeit. Mit 1,68 Millionen Mitgliedern ist Köln nach wie vor die größte Diözese Deutschlands. Die Zukunft des Kardinals hängt jedoch stark von den jüngsten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ab, die Vorwürfe des Meineids und falscher eidesstattlicher Versicherungen untersuchen. Berichten zufolge könnten Ergebnisse gegen Ende des Jahres vorliegen.
Ursprung der Veränderung
Zurückblickend auf Woelkis Rückkehr nach Köln von Berlin wird deutlich, dass die Erwartungen hoch waren. In der Hauptstadt hatte sich der Kardinal einen Namen gemacht, als er den Kontakt zu benachteiligten Bet groups suchte und Vielfalt in der Kirche propagierte. Aktionen wie das Glockenläuten für ertrunkene Bootsflüchtlinge oder die Feier einer Messe auf einem als Altar umfunktionierten Flüchtlingsboot sollen für ein neues, offenes Kirchenbild stehen. Diese Aktionen brachten ihm den Titel „kölscher Franziskus“ ein, doch das anfängliche Interesse hat mittlerweile deutlich nachgelassen.
Eher im Fokus steht inzwischen seine Linie, die stark konservative Werte betont und von manchen als Rückschritt im Reformprozess wahrgenommen wird. Dabei lehnt Woelki unter anderem die Weihe von Frauen zu Priestern ab und zeigt sich skeptisch gegenüber den Vorschlägen des Synodalen Wegs, die Beteiligung von Laien in Entscheidungsprozesse der Kirche zu fördern. Dies schlägt sich in einer Wahrnehmung nieder, die ihn zunehmend als Verfechter einer veralteten Kirchenpolitik erscheinen lässt.
Vorwürfe und Missbrauchsaufarbeitung
Die klare Wende in der öffentlichen Wahrnehmung kam, als Woelki sich bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen als starker Kritiker seiner eigenen Kirche zeigen sollte; doch dies wurde als mangelnde Transparenz interpretiert. Während er versucht, sich als hörender und reformwilliger Anführer zu positionieren, werfen ihm viele vor, seine Verantwortung nicht ausreichend wahrzunehmen. Diese Skepsis führte zur Veröffentlichung offener Briefe und Protestaktionen in der Diözese, nachdem er 2020 ein Gutachten zur Missbrauchsaufarbeitung nicht veröffentlichte. Seine Begründung, dass die Untersuchung methodische Mängel aufwies, wurde von vielen als Rückendeckung für mögliche Täterschutzmaßnahmen betrachtet.
Ein weiteres Gutachten, das zahlreiche Pflichtverletzungen von leitenden Mitgliedern der Kirche aufdeckte, konnte Woelkis Position nicht wirklich stabilisieren. Auch wenn er selbst nicht direkt belastet wird, hat sich die Misstrauen in der Gemeinde verfestigt. Um die Lage zu bewältigen, schickte Papst Franziskus sogar Sonderermittler nach Köln, die zwar keine Vertuschung durch Woelki feststellten, aber „große Fehler“ in der Kommunikation bemängelten.
Unter diesen Umständen bleibt abzuwarten, wie sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft entwickeln werden. Dabei wird besonders die Frage im Raum stehen, ob Woelki wirklich von allen Vorwürfen und Informationen gegenüber ihm, insbesondere in Bezug auf die Beförderung eines umstrittenen Priesters, nichts gewusst haben kann. Die Klärung dieser Punkte könnte entscheidend für seinen Rückhalt in der Diözese und darüber hinaus sein.
Aktuell wird eine große Zahl an E-Mails, die in den Einrichtungen des Erzbistums sichergestellt wurden, gesichtet. Die Staatsanwaltschaft hat angekündigt, dass sie möglicherweise weitere Zeugen befragen könnte, um den Sachverhalt zu klären. Schließlich könnte die Frage, ob Woelki aus seiner Position heraus mehr hätte wissen können oder gar müssen, noch weiter an seiner Glaubwürdigkeit nagen.
Die Umstände, die zu dieser Unsicherheit führen, sind nicht nur einer administrativen Krise geschuldet, sondern auch einem tiefen Misstrauen innerhalb der Kirchengemeinde, das sich durch Woelkis bisherige Entscheidungen im Verlauf seiner Amtszeit verstärkt hat. Die Herausforderungen, vor denen der Kardinal steht, sind erheblich und verdienen eine kritische Betrachtung aller eingesetzten Maßnahmen und Botschaften in den kommenden Monaten. Nicht zuletzt wird die Frage bleiben, wie lange der Theologe die Gardine aus Hochmut über die Auseinandersetzung mit seiner Glaubwürdigkeit ziehen kann.
Für weitere Informationen zu diesem Thema bietet ein ausführlicher Artikel auf www.katholisch.de tiefere Einblicke in die Situation rund um Kardinal Woelki.