
Am Dienstagabend, dem 1. April 2025, kam es in Syrien zu einem landesweiten Stromausfall. Laut einem Sprecher des Energieministeriums sind Fehlfunktionen an mehreren Stellen des Stromnetzes der Grund für diesen Ausfall. Während die Behörden an einer Lösung arbeiten, leidet das Land weiterhin unter gravierenden Stromengpässen. In vielen Regionen steht den Bürgern lediglich zwei bis drei Stunden Strom täglich zur Verfügung. Vor dem Sturz von Präsident Bashar al-Assad war Syrien auf Erdöl-Lieferungen aus dem Iran angewiesen, die jedoch nach der Übernahme der islamistischen Gruppe Hayat Tahrir al-Sham im Dezember eingestellt wurden, was die ohnehin schwierige Lage weiter verschärft hat.
Die Stromkrise hat nicht nur wirtschaftliche, sondern auch alltägliche Auswirkungen auf die syrische Bevölkerung. Rana Al-Ahmad, eine Mutter von vier Kindern, beschreibt die Herausforderungen, die sie und ihre Familie insbesondere während des Ramadan erleben. Aufgrund der nur zwei Stunden täglich verfügbaren staatlichen Elektrizität ist ihr Kühlschrank fast leer, und sie haben sich keine Solaranlage leisten können, um die Versorgung zu verbessern. Ihr Ehemann, Taxifahrer in Damaskus, trägt ebenfalls zur angespannten finanziellen Situation bei. Die neuen Übergangsbehörden unter Präsident Ahmed Al-Sharaa kämpfen, seit der Assad-Dynastie gestürzt wurde, mit der beschädigten Infrastruktur des Landes und finden keinen Weg, die dringenden Probleme zu bewältigen.
Stromversorgung und Übergangsregierung
Die UN schätzt, dass 90 % der Syrer in Armut leben. Die Übergangsregierung hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Stromkrise zu lindern, jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Ein kürzlich abgeschlossener Gasdeal mit Katar und Vereinbarungen mit kurdischen Behörden sollen den Zugang zu Ölfeldern ermöglichen, jedoch bleibt die Stromversorgung unzureichend. Auch der Übergangsminister für Elektrizität, Omar Shaqrouq, gab zu, dass eine 24-Stunden-Stromversorgung nicht in Sicht sei. Trotz eines neuen Deals, der Gas über Jordanien zu einem großen Werk südlich von Damaskus liefern soll, sind die Herausforderungen enorm.
Darüber hinaus stammen etwa 85 % der syrischen Ölproduktion aus den nordöstlichen Provinzen, die unter kurdischer Kontrolle stehen. Diese Ölfelder, die während der Herrschaft von ISIS stark beschädigt wurden, produzieren mittlerweile nur noch einen Bruchteil der früheren Menge. Beispielsweise liefern die Rmeilan-Ölfelder nur 15.000 von 100.000 produzierten Barrel an andere Teile Syriens, was die ständige Suche nach alternativen Energiequellen erschwert.
Wirtschaftliche Auswirkungen der Krise
Die wirtschaftliche Lage Syriens ist alarmierend. Die hohe Arbeitslosenquote von 43,5 % und eine öffentliche Verschuldung von 123,8 % des Bruttoinlandsprodukts belasten die Menschen zusätzlich. Schätzungen zufolge benötigt das Land zwischen 250 und 1 Billion US-Dollar für den Wiederaufbau, nachdem der Konflikt über 14 Jahre lang andauerte. In der internationalen Gemeinschaft gibt es unterschiedliche Ansätze zur Unterstützung des Wiederaufbaus, wobei viele Länder an Bedingungen knüpfen. Sanktionen der EU und der USA betreffen nicht nur die Wirtschaft, sondern schränken auch den Zugang zu humanitärer Hilfe weiter ein, was die Notlage der syrischen Bevölkerung zusätzlich verschärft.
Die Rückkehr zu einer stabilen Energieversorgung ist entscheidend für die wirtschaftliche Erholung Syriens. Während die neuen Behörden Schwierigkeiten haben, Kontrolle zu etablieren und die beschädigte Infrastruktur wiederherzustellen, bleibt die Lage in den meisten syrischen Städten weiterhin angespannt und dunkel, beleuchtet nur von gelegentlichen Straßenlaternen und den Scheinwerfern von Autos.
Insgesamt stellt der aktuelle Zustand der Stromversorgung in Syrien eine ernste humanitäre und wirtschaftliche Krise dar, die auf die jahrzehntelangen politischen und militärischen Konflikte im Land zurückzuführen ist. Die Herausforderungen, vor denen die syrische Bevölkerung steht, sind enorm und erfordern umfassende internationale Unterstützung.
Für weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen in Syrien, lesen Sie die Berichte von oe24, Arab News und SWP Berlin.
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