Berlin

Melli Beese: Pionierin der Lüfte und ihr Kampf gegen die Vorurteile

Melli Beese, die erste deutsche Pilotin, kämpfte in Berlin um ihren Traum vom Fliegen und trotz zahlreicher Widerstände sowie einer von Männern dominierten Luftfahrtwelt errang sie 1911 ihre Lizenz, stellte Rekorde auf und hinterließ ein bleibendes Erbe, das bis heute gefeiert wird.

Christine Grote sitzt am Steuer eines kleinen Segelflugzeugs, mit festem Blick auf die bevorstehende Landung. Hinter ihr hängt das Segelflugzeug, auf das sie gleich aufsteigt. In diesem Moment wird die ganze Freiheit des Fliegens spürbar, ein Gefühl, das Melli Beese schon vor mehr als einem Jahrhundert erlebte.

Melli Beese, eine bemerkenswerte Figur in der Luftfahrtgeschichte Deutschlands, hatte 1909 den Mut und die Entschlossenheit, Pilotin zu werden – zu einer Zeit, als der Luftfahrtsektor fest in männlicher Hand war. Sie stammte aus wohlhabenden Verhältnissen in Dresden und ließ sich nicht von zahlreichen Absagen aufhalten. Erst die Flugschule der Rumpler-Werke in Berlin-Johannisthal nahm sie auf. Diese Entscheidung war prägend, da sie nicht nur den ersten Schritt in eine von Männern dominierte Welt wagte, sondern auch gegen zahlreiche Widerstände ankämpfen musste.

Herausforderungen auf dem Weg zur Lizenz

Beese stellte fest, dass Frauen nicht nur Schwierigkeiten bei der Aufnahme in Flugschulen hatten, sondern auch finanziell stark benachteiligt wurden. Sie musste höhere Gebühren bezahlen und erhielt keine Starterlaubnis. Sogar Sabotageversuche lagen ihr im Weg. Tatjana Dietl vom Deutschen Museum München beschreibt, dass ihr beispielsweise Zündkerzen gegen defekte ausgetauscht wurden und der Benzintank oft nur spärlich gefüllt war, was sie zwang, Notlandungen durchzuführen. Trotz solcher Rückschläge war Beese unermüdlich entschlossen, ihren Traum zu verwirklichen.

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Am 13. September 1911, an ihrem 25. Geburtstag, erhielt sie schließlich die Flugzeugführerlizenz Nr. 115. Damit war sie die erste Frau in Deutschland, die offiziell ein Flugzeug fliegen durfte, und gehörte zu den ersten Frauen weltweit, die in diese exklusive Elite aufgenommen wurden. Mit ihrer Lizenz stellte sie bemerkenswerte Rekorde auf, darunter ein Höhenrekord von 825 Metern und einen Langstreckenrekord von zweieinhalb Stunden – beides Zeitleistungen, die für Pilotinnen bis dato unerreicht waren.

Neben anderen Erfolgen konstruierte sie sogar neue Flugzeugmodelle, einige ihrer Konstruktionen wurden sogar patentiert. Dazu gehörte ein Flugboot, das sie gemeinsam mit ihrem französischen Ehemann Charles Boutard entwarf. Im Flugwettbewerb und bei Schauen zeigte sie nicht nur Geschick, sondern auch eine beeindruckende technische Kreativität.

Der Erste Weltkrieg als Wendepunkt

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs brachte für Beese und viele andere Pilotinnen eine dramatische Wende. Ihre Flugschule musste schließen, und als verheiratete Frau eines Franzosen wurde sie als „feindliche Ausländerin“ betrachtet. Diese Umstände führten dazu, dass sie nicht nur ihrer Passion, dem Fliegen, beraubt wurde, sondern infolgedessen auch in eine schwere Depression fiel, die durch ihre Morphiumabhängigkeit verschärft wurde.

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Die Bestimmungen des Versailler Vertrags gaben ihren Ambitionen den endgültigen Schlag. Als Deutschen wurde ihnen der Flugzeugbau untersagt, was für Beese einen unerträglichen Verlust darstellte. Die emotionalen und psychologischen Folgen dieser Umwälzungen waren verheerend und prägten ihre letzten Jahre.

Es dauerte viele Jahre, bis Melli Beese posthum die Anerkennung erhielt, die sie zu Lebzeiten oft vermisste. „Heute sieht man Melli Beese definitiv mit anderen Augen“, erklärt Dietl. Sie wird nun als eine tolle Pionierin wahrgenommen, die für ihren Traum kämpfte und bemerkenswerte Leistungen vollbrachte. Doch der Preis für ihren Mut war hoch: Nach der Scheidung von ihrem Ehemann im Jahr 1925, als ihre finanziellen Mittel erschöpft waren, notierte sie: „Fliegen ist notwendig. Leben nicht.“ Dieses tragische Ende verdeutlicht die persönlichen Kämpfe, die Beese zu bewältigen hatte.

In der heutigen Zeit gibt es in Deutschland zahlreiche Straßen, die nach Melli Beese benannt sind, sowie Gedenktafeln und ihr Ehrengrab in Berlin-Schmargendorf, das seit 1975 besteht. Dennoch bleibt es bedauerlich, dass Berufspilotinnen in der internationalen Luftfahrt nach wie vor in der Minderheit sind. Die ersten Frauen traten erst 1988 als Pilotinnen bei der Lufthansa an, was zeigt, dass der Weg zur Gleichstellung in der Luftfahrt noch lang ist.

Melli Beese verkörpert den Kampf um Gleichheit und Anerkennung, und ihr Vermächtnis ist noch immer ein kraftvolles Symbol für die Herausforderungen, denen Frauen in der Luftfahrt gegenüberstehen. Wer mehr über die beeindruckende Geschichte von Melli Beese und den Herausforderungen der Pilotinnen in der frühen Luftfahrt erfahren möchte, findet weitere Informationen hier auf www.deutschlandfunkkultur.de.

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