Aktuell steht das Thema Grenzkontrollen und die Rückführung von Asylbewerbern im Fokus der medialen Berichterstattung. Doch wenig wird über die Integration der bereits hier lebenden Migrantinnen und Migranten gesprochen. Was sagen jene, die sich aktiv für deren Integration einsetzen?
In einer Sprachschule in Berlin-Neukölln, der Zebus, dreht sich alles um Integrations- und Berufssprachkurse. Elif Yagbasan und Deniz Yagbasan-Christe, die die Schule leiten, beobachten besorgt die gegenwärtige Diskussion über Flüchtlingszahlen und die damit verbundenen politischen Maßnahmen. „Die Aggressivität in der gesellschaftlichen Stimmung macht uns Angst“, sagt Elif. Deniz spürt, wie die Debatte sie persönlich betrifft: „Früher nahm ich solche Themen nie persönlich, doch jetzt fühle ich mich durch die allgemeine Diskussion über Migranten stigmatisiert.“
Grenzkontrollen und Zurückweisungen
Vor Kurzem beschloss die deutsche Regierung stärkere Kontrollen an den Grenzen zu den Nachbarn. In dieser Diskussion sind besonders Union und FDP aktiv, während die Ampelkoalition neben Kontrollen auch einen Vorschlag von Bundesinnenministerin Nancy Faeser bezüglich beschleunigter Rücküberstellungen von Asylbewerben in andere EU-Länder diskutiert. Ein geplantes Sicherheitspaket wurde ebenfalls im Bundestag besprochen.
Weniger Geld für Integrationskurse?
Ebenfalls auf der Agenda stand der Etat des Innenministeriums – ein wichtiger Punkt für die Integrationskurse, für die nur noch die Hälfte der Mittel vom Vorjahr eingeplant ist, nämlich 500 Millionen Euro. Ein Sprecher erklärte, dass die finanziellen Bedürfnisse für das kommende Jahr noch nicht konkretisiert werden konnten. Für viele Experten ist dies alarmierend, da eine frühzeitige Vermittlung von Sprache und Werten für den Integrationsprozess essenziell sei.
Elif und Deniz von der Sprachschule Zebus setzen sich dafür ein, dass Flüchtlinge unterstützt werden und ihre Integration gefördert wird. „Wertvorstellungen zu vermitteln ist der erste Schritt, um ein harmonisches Zusammenleben zu fördern. So kann auch Radikalisierung entgegengewirkt werden“, betonen die beiden Frauen. Sie fordern zudem, die Zugangsvoraussetzungen einiger Berufe für Flüchtlinge zu senken, damit diese schneller in den Arbeitsmarkt eintreten können.
Dennoch räumen die beiden auch ein, dass Abschiebungen notwendig sein können, besonders bei schweren Straftaten. „Wer sich strafbar macht, muss die Konsequenzen tragen“, sagen sie klar.
DIW warnt vor Kürzungen bei Integrationskursen
Marcel Fratzscher, Präsident des DIW, äußert sich kritisch zu den geplanten Kürzungen der Integrationskurse. Eine Reduzierung der finanziellen Mittel wäre seiner Meinung nach ein fatales Signal, da die Politik ohnehin nicht genug tut, um die Integration im deutschen Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft zu unterstützen. „Die Hürden sind hoch, Qualifikationen werden oft nicht anerkannt, und nun sollen auch noch die Integrationskurs-Mittel gekürzt werden?“, fragt er. Fratzscher warnt, dass solche Kürzungen kurzfristig zwar Geld sparen könnten, langfristig jedoch die Integration erschweren und somit die Kosten für den Staat erhöhen würden.
Unterschiedliche Realitäten
Deniz und Elif betonen zudem, dass die Realität in ihrer Schule oftmals eine andere ist als das, was politisch diskutiert wird. „Hier bei Zebus kommen Menschen, die sich wirklich integrieren wollen und die Motivation mitbringen. Diese positiven Beispiele finden in der politischen Debatte oft nicht statt“, berichten sie. Ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen von Migranten und Flüchtlingen scheint in der politischen Diskussion zu fehlen.
Die beiden Schulleiterinnen fordern eine differenzierte Betrachtung und mehr Unterstützungsmaßnahmen, um den Integrationsprozess zu stärken. Die Sprachschule ist für viele eine Brücke in eine neue Gesellschaft, wo Sprache und Zugang zu Bildung der Schlüssel zum Erfolg sind. In ihrer täglichen Arbeit erleben sie, wie wichtig diese Faktoren sind und wie groß der Wille zur Integration ist, der oft in der politischen Diskussion nicht wahrgenommen wird.