In Berlin-Moabit hat Elfriede Brüning, die Leiterin der Caritas-Beratungsstelle für wohnungslose Menschen, alarmierende Entwicklungen im Bereich der Wohnungslosigkeit festgestellt. Insbesondere die steigende Zahl betroffener Familien macht das System der Wohnungslosenhilfe für sie reformbedürftig. Laut Brüning kommen durchschnittlich 74 Menschen täglich in ihre Sprechstunde, wobei der Trend deutliche Anstiege bei Familien mit Kindern zeigt. „Wir hatten im letzten Jahr 612 betroffene Kinder“, betont sie und fügt hinzu, dass viele der Hilfesuchenden oft in einer verzweifelten Lage sind und nicht wissen, wie sie Hilfe suchen können.
Die Beratungsstelle, die 1980 eröffnet wurde, bietet Hilfe für Menschen in Wohnungsnot und hat seitdem eine zentrale Rolle in der Stadt gespielt. Viele Klienten stehen vor der Herausforderung, ihre Grundbedürfnisse zu decken und gleichzeitig eine sichere Unterkunft zu finden. „Es ist wichtig zu verstehen, dass die Menschen oft aus psychischen Gründen bereits stark belastet sind, bevor sie zu uns kommen“, erklärt Brüning. Ein interessanter Aspekt der Beratung ist die Unterstützung der Klienten bei der Prüfung ihrer Ansprüche und der möglichen Versöhnung mit Vermietern.
Veränderungen im Wohnungsmarkt
Brüning beschreibt, wie sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt seit der Wende verändert hat. „Nach der Wende hatten wir ein Paradies“, sagt sie, „aber die Entwicklungen der letzten Jahrzehnten, insbesondere der Rückgang günstiger Wohnungen, haben die Lage dramatisch verschärft.“ Heute ist Berlin eine pulsierende Metropole, die Menschen aus aller Welt anzieht, doch die Infrastruktur für Wohnraum kann mit der Nachfrage nicht mithalten. „Ein Drittel unserer Klienten wohnt bei Bekannten oder Verwandten auf dem Sofa“, so Brüning, was das enorme Ausmaß der Wohnungsnot verdeutlicht.
Die Caritas-Beratungsstelle sieht sich mit einem ständigen Anstieg an Hilfesuchenden konfrontiert. Die Unterbringung in Wohnheimen wird als ineffektiv angesehen, da viele Klienten über Jahre in diesen Einrichtungen verweilen und oft unter Bedingungen leben, die nicht menschenwürdig sind. „Die Wohnheime sind als vorübergehende Lösungen gedacht, aber dieser Ansatz funktioniert nicht mehr“, gibt Brüning zu bedenken. Die Unterkünfte kosten zwischen 35 und 50 Euro pro Nacht, was für viele Betroffene, die in prekären Verhältnissen leben, finanziell nicht tragbar ist. Diese Kosten, verbunden mit dem Mangel an Privatsphäre, drücken die Menschen weiter in die Isolation.
Brüning fordert, dass Berlin mehr für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums unternimmt. „Statt weiterhin in unangemessene Wohnformen zu investieren, müsste das Geld in Projekte fließen, die es Menschen ermöglichen, in eigenen Wohnungen zu leben“, betont sie. Es sei entscheidend, dass die Stadt auf die Anfragen der Bevölkerung reagiert und entsprechende Maßnahmen ergreift. „Die Menschen brauchen Unterstützung, um aus ihrer Notlage herauszukommen“, sagt sie abschließend.
Die Beratungsstelle in der Lewetzowstraße hat jährlich rund 3.300 Konsultationen, wobei der Großteil der Klienten keine dauerhaften Lösungen für ihre Wohnprobleme findet. „Es ist manchmal frustrierend, doch trotz der schwierigen Umstände schätze ich meine Arbeit sehr“, erklärt Brüning. Für viele sei es eine Erleichterung, zumindest mit jemandem über ihre Probleme sprechen zu können.
Weitere Details zu diesen Herausforderungen in der Wohnungslosenhilfe und den Forderungen nach dringenden Reformen finden sich in einem ausführlichen Interview, das die Hintergründe und persönlichen Geschichten der Betroffenen beleuchtet auf www.rbb24.de.