Ärztemangel in Deutschland ist ein immer drängenderes Problem, das nicht nur große Städte, sondern auch kleinere Gemeinden betrifft. Der jüngste Fall lautet Görlitz, wo die Eröffnung einer neuen Hausarztpraxis massive Warteschlangen und damit sogar Überlegungen zur Abwanderung bei einigen Anwohnern ausgelöst hat.
Am Montag eröffnete Dr. Ines Sperling ihre Praxis, und schon am Donnerstagmorgen standen Menschen mit Klappstühlen und Tickets gewappnet in einer langen Schlange am Demianiplatz. Unter ihnen war eine 66-jährige Görlitzer, der Gedanken über eine Abwanderung durch den Kopf gingen. Zwei Jahre lang war er bereits in Berlin bei seinem Hausarzt in Behandlung, da er in Görlitz keinen Arzt finden konnte. Die aktuelle Situation führte bei ihm zu ernsthaften Überlegungen, ob er seinen Wohnort erneut wechseln sollte.
Vorangegangene Entwicklungen und die Dramatik des Ärztemangels
Die prekäre Lage in Görlitz ist nicht neu. Laut Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung stehen in der Region 11,5 Hausärzte zur Verfügung, das heißt, dass es nahezu eine Unterversorgung gibt. Die Lage ist so ernst, dass einige Menschen die Stadt auf der Suche nach medizinischer Versorgung sogar verlassen haben. Ulrich Ebermann, Ehemann von Dr. Sperling, hat in den letzten Tagen mit vielen Wartenden gesprochen, die alle auf der Suche nach einem neuen Hausarzt sind. Dies ist besonders kritisch, da zwei weitere Ärzte lokal in den Ruhestand gehen werden.
Die neue Praxis von Dr. Sperling zieht nicht nur Patienten aus Görlitz an, sondern auch Menschen aus der Umgebung, die bislang keinen Hausarzt gefunden hatten. Die 50 ausgegebenen Terminkarten am Morgen sind heiß begehrt; leider kommen viele Wartende ohne Termin wieder nach Hause. Ein Mann, der einen Klappstuhl mitgebracht hatte, war bereits am Mittwoch früh vor Ort, aber auch er konnte keinen Termin ergattern. Sein Anliegen waren nicht etwa seine eigenen medizinischen Probleme, sondern die seiner Ehefrau, die ebenfalls in der Schlange stand.
Kritik und Herausforderungen beim Anmeldeprozess
Die Situation hat auch Kritik ausgelöst. Viele Patienten wechseln frustriert ihre Meinungen in Facebook-Gruppen und äußern Bedenken hinsichtlich der Vergabe der Terminquoten. Dr. Sperling hat sich jedoch bemüht, den Anmeldeprozess so transparent wie möglich zu gestalten; einzig die Anzahl der Patienten muss bei einer neuen Praxis koordiniert werden, um allen gerecht zu werden. Der Anmeldeprozess hat selbstregelnde Elemente, um die Anzahl der täglichen Termine auf eine manageable Größenordnung zu beschränken.
Für Thomas Beier-Merkert, einen ehemaligen Mitarbeiter im Gesundheitssektor, ist die aktuelle Situation besonders frustrierend. Er zieht Parallelen zwischen der Lage in Görlitz und anderen Städten und stellt fest, dass die Ärztesituation dort recht problematisch ist. „Aber in Görlitz ist es wirklich prekär“, sagt er, nachdem er fast alle verfügbaren Hausärzte in der Umgebung ausprobiert hatte, um vergeblich einen Arzt zu finden.
Seine eigene Erfahrung zeigt auf, wie schwierig die Suche sein kann. Beier-Merkert plant, in Zukunft mit einem Plan B zu arbeiten, möglicherweise sogar wieder die langen Fahrten nach Berlin in Kauf zu nehmen. „Das kann nicht die Lösung sein“, merkt er an und kritisiert die politischen Rahmenbedingungen. Gerade die hohe Zustimmung der AfD bei der letzten Landtagswahl gibt ihm keinen Optimismus, dass junge Mediziner in die Region kommen werden.
Dennoch scheint es ein Staat zu geben, an dem es Lichtblicke gibt. Eine spontane Untersuchung beim Arztbereitschaftsdienst brachte Beier-Merkert Glück; er fand eine Görlitzer Ärztin, die plötzlich Kapazitäten für neue Patienten angeboten hatte. Ein kleiner Hoffnungsschimmer in einer ansonsten trüben Situation, die für viele Menschen eine echte Herausforderung darstellt.
Die Probleme im Gesundheitswesen sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Sie erfordern ernsthafte Lösungen von Seiten der Politik sowie von den beteiligten Fachgesellschaften, um sicherzustellen, dass eine adäquate medizinische Versorgung in Städten wie Görlitz aufrechterhalten werden kann. Die Sorgen der Bürger sind dabei mehr als verständlich; es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiter entwickelt und ob langfristige Lösungen gefunden werden können.
Mehr Informationen zu diesen Herausforderungen und Entwicklungen in Görlitz können in dem Bericht auf www.saechsische.de nachgelesen werden.