In einer bahnbrechenden Forschungsarbeit hat ein internationales Team von Wissenschaftlern das größte bekannte Genom entschlüsselt: das des Südamerikanischen Lungenfischs (Lepidosiren paradoxa). Diese Entdeckung illustriert nicht nur die faszinierenden genetischen Eigenschaften dieser Tiere, sondern gibt auch tiefere Einblicke in die Evolution der Landwirbeltiere.
Einblick in die Evolutionsgeschichte
Der Südamerikanische Lungenfisch wird als ein lebendes Fossil betrachtet und steht in direkter familiärer Verbindung zu den ersten Tieren, die vor etwa 400 Millionen Jahren das Land eroberten. Forscher um Axel Meyer aus Konstanz und Manfred Schartl aus Würzburg betonen, dass das neu entschlüsselte Genom aufgrund seiner Größe und Stabilität wertvolle Informationen liefert, um die Evolution der ersten Landwirbeltiere zu verstehen. Informationen aus der Analyse des Erbguts könnten das Wissen über den Übergang vom Wasser an Land erheblich erweitern.
Faszination der Genomgröße
Das Genom des Südamerikanischen Lungenfischs umfasst mehr als 90 Milliarden Basen und ist damit 30 Mal so groß wie das des Menschen sowie mehr als doppelt so groß wie das bisherigem Rekordhalter, der Australische Lungenfisch (Neoceratodus forsteri). In der Studie wird erläutert, dass 18 der 19 Chromosomen des Südamerikanischen Lungenfischs größer sind als das gesamte menschliche Genom. Diese schiere Größe ergibt sich durch autonome Transposons, spezielle DNA-Abschnitte, die sich vervielfältigen und ihre Position im Genom verändern. Solche Transposons machen mehr als 90 Prozent des Genoms aus.
Vergleichende Genomanalysen als Schlüssel zu Evolution
Durch den Vergleich der Genome der verschiedenen Lungenfischarten erhoffen sich die Wissenschaftler Erkenntnisse über genetische Unterschiede, die sich über Millionen von Jahren entwickelt haben. Besonders auffällig ist der Wandel der Flossenform: Während der Australische Lungenfisch noch über gliedmaßenähnliche Flossen verfügt, haben sich die Flossen des Südamerikanischen Lungenfischs über Millionen Jahre zu schlanken Fadenflossen zurückentwickelt. Solche Unterschiede illustrieren die Anpassungsfähigkeit und evolutionären Veränderungen innerhalb dieser einzigartigen Tiergruppe.
Wichtigkeit für die moderne Forschung
Die Ergebnisse dieser Studie, die in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlicht wurden, haben weitreichende Implikationen für die Forschung. Sie werfen Licht auf die Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Lungenfisch, insbesondere in der Entwicklung von Atmungsorganen und Extremitäten. Die entscheidenden Gene, die beim Menschen und im Lungenfisch die Lungenentwicklung steuern, stammen von einem gemeinsamen Vorfahren. Das Verständnis dieser Zusammenhänge wird nicht nur die Evolutionstheorie bereichern, sondern könnte auch neue Ansätze für medizinische und biologische Forschung eröffnen.
Fazit
Die Entschlüsselung des größten Tiersystems bietet nicht nur einen faszinierenden Blick auf die genetische Vielfalt, sondern auch auf die evolutionäre Vergangenheit der Tiere und des Menschen. Die Erkenntnisse aus dieser Forschung werden sicherlich einen bedeutenden Einfluss auf zukünftige Studien zur Evolution und den biologischen Möglichkeiten lebender Organismen haben.
– NAG