Im malerischen Starnberg stehen die Fischer vor einer ernsthaften Herausforderung: Die Fangerträge in den Seen der Region sind stark rückläufig. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die lokale Fischerei, sondern auch auf die gesamte Unterwasserwelt. Die alarmierende Entwicklung wird insbesondere durch die Klimaveränderungen beeinflusst, die sich in höheren Wassertemperaturen und veränderten Lebensbedingungen für die Fische äußern.
Fischwirtschaftsmeister Ludwig Erhard vom „Zum Fischer Sepp“ in Possenhofen schildert die gegenwärtige Situation: „Eines der zentralen Probleme in diesem Jahr sind die zahlreichen Niederschläge, die dazu führen, dass der Starnberger See mit Plankton überfüllt ist. Dadurch findet man die Fische nicht mehr in den gewohnten Schwärmen, was die Fangquoten empfindlich sinken lässt.“ Erhard verglich die Situation mit dem letzten Jahr, als die Fangerfolge weitaus besser waren, da die Fische deutlich aktiver waren. „Heuer ist es einfach anders; wir bemerken die Veränderungen ganz klar.“
Einfluss der Wassertemperaturen
Die steigenden Wassertemperaturen sind zurzeit ein heiß diskutiertes Thema. Dr. Helmut Wedekind, Leiter des Instituts für Fischerei Starnberg, erklärt, dass höhere Temperaturen nicht nur das Verhalten der Fische ändern, sondern auch die Sauerstoffversorgung im Wasser beeinflussen. „Wenn die Wassertemperatur steigt, sinkt die Löslichkeit des Sauerstoffs. Für die Fische ist das zunehmend problematisch, weil sie auf diesen Sauerstoff angewiesen sind“, erläutert er. Wenn die Seen sich erwärmen, verändert sich die natürliche Schichtung des Wassers, was wiederum eine Konsequenz auf die Futterverteilung hat.
Die thermische Schichtung des Wassers ist ein weiterer Aspekt, den zu beachten gilt. Eine Umgebung, in der warmes Wasser oben und kälteres Wasser unten liegt, kann zu einer geringeren Durchmischung führen. Dies hat direkte Folgen für den Sauerstoffgehalt, der für die Fische lebenswichtig ist. „Die natürlichen Rhythmen der Fische, wie Tag-Nacht-Zyklen, werden ebenfalls beeinflusst“, so Wedekind. Die Witterung der vergangenen Wochen mit extremen Niederschlägen hat zusätzlich ihre Spuren hinterlassen und weitere Schwierigkeiten für die Fischer geschaffen.
Ein Sprecher des Landesamtes für Umwelt betont, dass die Reaktion der Gewässer auf Temperaturveränderungen von verschiedenen Faktoren abhängt. „Die Größe und Tiefe eines Sees spielen eine wesentliche Rolle. Größere Seen, wie der Starnberger See, haben eine andere thermische Reaktion als flachere Gewässer“, erklärt er und fügt hinzu, dass die Auswirkungen der Erwärmung in der Tiefe von großen Seen länger spürbar sind als in kleineren Gewässern.
Die Temperaturrekorde der letzten Monate lassen sich ebenfalls nicht ignorieren. Der Starnberger See erreichte kürzlich eine Wassertemperatur von 27 Grad und setzte damit einen neuen Rekord. Auch wenn der Ammersee nicht ganz so warm wie in früheren Jahren ist, zeigen die Messwerte, dass eine allgemein besorgniserregende Erwärmung der Gewässer vorliegt, was die Situation für die heimischen Fischbestände weiter anheizt.
Die Anzeichen sind klar: Die Fischer in Starnberg sehen sich neuen, unvorhersehbaren Bedingungen gegenüber, die nicht nur ihre Fangerträge, sondern auch das gesamte Ökosystem der Seen betreffen. Angesichts dieser Herausforderungen müssen alternative Lösungen und nachhaltige Strategien entwickelt werden, um langfristig die Fischpopulationen und die lokale Fischerei zu schützen.
Die künftige Herausforderung für die Fischerei
Es ist klar, dass die Tradition des Fischfangs in Starnberg unter Druck steht. Fischer wie Ludwig Erhard nehmen diese Veränderungen wahr und passen sich an, doch die unsicheren Fangerträge machen den Beruf zu einer unberechenbaren Sache. Es ist längst Zeit für eine Diskussion über die Mittel und Wege, die die Fischerei in dieser Region erhalten können. Gemeinsam mit wissenschaftlichen Institutionen sollten Fischer und Umweltbehörden an Lösungen arbeiten, die sowohl die Artenvielfalt im See bewahren als auch die wirtschaftliche Grundlage der Fischerfamilien sichern.
Die aktuelle Situation der Fischereiwirtschaft im Starnberger See ist nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr zeigen weltweite wissenschaftliche Untersuchungen eine besorgniserregende Tendenz, die auf die Auswirkungen des Klimawandels hindeutet. Vor allem die steigenden Wassertemperaturen beeinflussen nicht nur die Fischarten in den oberbayerischen Seen, sondern können auch deren Fortpflanzung und Lebensraum massiv verändern. In einer Studie des World Resources Institute wird aufgezeigt, dass viele Fischarten, die in kälteren Gewässern gedeihen, zunehmend gefährdet sind, während andere Arten gleichzeitig in wärmeren Gewässern vordringen. Ein Beispiel dafür ist der Vormarsch von warmwasserliebenden Arten, die in den bisherigen Lebensräumen der kälteresistenten Fischarten auftreten.
Zusätzlich haben die Wetterbedingungen der letzten Jahre, wie häufigere Wetterextreme, auch die Binnenfischerei beeinträchtigt. Laut dem Fao (Food and Agriculture Organization) hat die globale Fischproduktion in den letzten Jahrzehnten leichte Rückgänge verzeichnet, wobei dies durch verschiedene Umwelteinflüsse, darunter der Klimawandel sowie Überfischung, verstärkt wird. Diese globalen Trends spiegeln sich auch auf lokaler Ebene wider, wie im Fall von Ludwig Erhard, dessen Fangergebnisse in dieser Saison hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Einfluss der Wasserqualität auf die Fischpopulation
Ein weiterer entscheidender Faktor für die Fischpopulationen im Starnberger See ist die Wasserqualität. Die unabhängige Umweltforschung hat einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Wasserqualität und der Artenvielfalt in Gewässern nachgewiesen. Der Anstieg des Nährstoffgehaltes, insbesondere von Phosphor durch Abflusswasser und landwirtschaftliche Aktivitäten, führt zu Algenblüten, die das Licht im Wasser reduzieren und somit die Photosynthese von Wasserpflanzen beeinträchtigen. Dies hat auch Konsequenzen für die Artenvielfalt, da viele Fischarten auf diese Pflanzen als Lebensraum und Nahrungsquelle angewiesen sind.
Des Weiteren ist die Überwachung der Wasserqualität essenziell. Das Landesamt für Umwelt Bayern führt regelmäßige Messungen der Wasserparameter durch, um frühzeitig Veränderungen zu erkennen, die die Fischbestände beeinträchtigen könnten. Die Ergebnisse zeigen, dass es in jüngster Zeit zu einer Verschärfung der Wasserqualität in verschiedenen Seen gekommen ist, was die Auffälligkeiten bei den Fangergebnissen erklären könnte.
– NAG