Das Staatstheater Nürnberg präsentiert eine neuartige Interpretation von Mozarts berühmter „Zauberflöte“, die weit entfernt ist von der gewohnten Putzigkeit und dem Charme, die viele von diesen Aufführungen erwarten. Diese mutige Inszenierung unter der Regie von Goyo Montero lässt die Zuschauer in ein düsteres und bizarre Märchen eintauchen.
In dieser Version treffen wir auf einen Papageno, der nicht als der fröhliche Vogelfänger erscheint, den wir alle kennen, sondern als eine gänzlich andere Figur. Samuel Hasselhorn spielt diesen Charakter, der als dämonisches Wesen wahrgenommen wird und mit den Seelen seiner Opfer spielt. Anstelle der üblichen Melodien gibt es eine Aufführung, die sich mehr auf visuelle Elemente stützt, während das Gesangliche in den Hintergrund tritt.
Ein neuer Blick auf das klassische Werk
Die Inszenierung beginnt auf eine unerwartete Weise: Tamino wird dem Publikum nicht als strahlender Prinz präsentiert, sondern als Kranker, möglicherweise im Koma oder bereits über die Schwelle hinüber. Diese Perspektive lässt Raum für tiefere Erkundungen von Leben und Tod, die im Laufe der Aufführung skizziert werden. Montero spült die Leichtigkeit und den Freiheitssinn des Originals weg, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Der ursprüngliche Zauber der „Zauberflöte“ kommt nur in Ansätzen zur Geltung.
Die seltsamen und teilweise grotesken Gestalten, die Tamino während seiner Reise begegnen, sind allesamt Phantasmen. Diese Charaktere sind in fantasievollen, wenn auch teils bizarre Kostüme gekleidet, unter anderem erweist sich der Monostatos als besonders schockierend mit einem übertriebenen Darstellungsmittel. Die Königin der Nacht entfaltet ihre aufblasbaren Stacheln, die das Publikum sowohl faszinieren als auch irritieren.
Die Inszenierung überzeugt, wenn sie die Zuschauer in ihren Bann zieht. Der Einsatz von beweglichen Bühnenbildern von Leticia Ganán und Curt Allen Wilmer und die einfühlsame Choreografie schaffen sowohl visuelle Tiefe als auch emotionale Resonanz. Die Verbindung zwischen den verschiedenen Bühnenbildern und der Musik sorgt dafür, dass die Inszenierung lebendig und dynamisch bleibt.
Ein interaktives Erlebnis für junge Zuschauer
Besonders hervorzuheben ist die Herangehensweise von Generalmusikdirektor Roland Böer, der die Partitur anpasst, um sie für das Publikum noch eindringlicher zu machen. Während der Aufführung wird der Chor in Kombination mit getäuschten, dunklen Lichtverhältnissen in den Vordergrund gerückt, was das Gefühl der Gemeinschaft und der geteilten Erfahrung stärkt.
Die Sänger und Musiker der Staatsphilharmonie Nürnberg bieten eine darstellerische Bandbreite, die sowohl die Charaktere als auch die Musik lebendig werden lässt. Chloë Morgan spielt Pamina und bringt einen fast greifbaren emotionalen Ausdruck in ihre Darbietung. Martin Platz als Tamino wagt sich mit seinem heldenhaften Ansatz an einen weniger idealisierten Prinzen. Die Darstellung des Monostatos als ein kleiner Tenor voller Selbstironie setzt innovative Akzente.
Das gesamte Konzept scheint bewusst darauf abzuzielen, jüngere Zuschauer anzusprechen, indem die Märchenhaftigkeit in den Hintergrund gerückt wird. Diese neue „Zauberflöte“ enthält weniger von dem, was traditionell als „unterhaltsam“ empfunden wird, und spricht vielmehr eine jüngere Generation an, die möglicherweise den Ausdruck von Emotionen und visuelle Impulse mehr schätzt.
Während nicht jeder die Veränderungen begrüßen wird, zeigt Monteros Inszenierung das Potenzial, alte Geschichten neu zu erzählen. Mit ihren tiefen Einblicken und neuesten künstlerischen Ausdrucksformen bietet diese „Zauberflöte“ überraschlich viel für alle, die bereit sind, das Abenteuer zu wagen und sich auf eine unkonventionelle Reise einzulassen. Diese Sichtweise auf das große Werk zeigt, dass klassische Musik auch über Generationen hinweg relevante Themen ansprechen kann, fernab von Klischees und festgefahrenen Vorstellungen.
Insgesamt ist die Nürnberger „Zauberflöte“ ein spannendes Erlebnis, das sowohl das alte als auch das neue Publikum anlockt und geleitet von einem kreativen Team an Regisseuren, Musikern und Bühnenbildnern. Diese Inszenierung setzt neue Standards und demonstriert, wie vielfältig und anpassungsfähig Mozarts Werk ist.
Für weitere Informationen zur Inszenierung und ausführliche Berichte können Interessierte einen Blick auf die aktuelle Berichterstattung werfen auf www.merkur.de.
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