Im aktuellen Prozess gegen den ehemaligen Volkswagen-Chef Martin Winterkorn, der am zweiten Verhandlungstag stattfand, zeigt sich der 77-Jährige stark betroffen von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. In einer ausführlichen Erklärung, die er vor dem Gericht in Braunschweig abgab, verteidigte er seinen Ruf und ließ keinen Zweifel daran, wie sehr ihn die Anschuldigungen belasten. Winterkorn, dessen Karriere 2015 abrupt endete, als Volkswagen die Manipulation von 11 Millionen Dieselfahrzeugen zugab, sieht sich nun mit der drohenden Möglichkeit einer langjährigen Freiheitsstrafe konfrontiert.
Die schweren Vorwürfe beziehen sich darauf, dass Winterkorn Kunden und Aktionäre schwer geschädigt haben soll, indem er über die Umweltschädlichkeit von VW-Fahrzeugen hinwegtäuschte. Er erklärte, er habe nie einen direkten Einfluss auf die Entscheidungen in Bezug auf die Softwaremanipulation gehabt. „Ich war weder ein Techniker noch ein Softwareexperte“, versicherte er den Richtern und wies darauf hin, dass er bezüglich der technischen Schwierigkeiten der Motoren nicht ausreichend informiert gewesen sei.
Hintergrund des Diesel-Skandals
Der Diesel-Skandal, oft als „Dieselgate“ bezeichnet, ist eine unschöne Episode in der Automobilgeschichte, die die Glaubwürdigkeit von Volkswagen schwer beschädigte. Während seiner Amtszeit verzeichnete das Unternehmen enormen Wachstum. Die Zahl der Mitarbeiter stieg von 330.000 auf über 600.000 und die globalen Verkaufszahlen sprangen von 6,2 auf 9,1 Millionen Fahrzeuge. Diese Erfolge scheinen jedoch nun im Schatten der schweren Vorwürfe zu stehen, die gegen den einst mächtigen Führer erhoben wurden.
Winterkorn erklärte weiter, dass er sich stets bemüht habe, ein „guter Unternehmensleiter“ zu sein, der als Vorbild für seine Mitarbeiter diente. In seinem plädoyer betonte er auch, dass er die verschiedenen Aufgaben, die ihm als CEO oblagen, erfolgreich erfüllt habe, sodass das Unternehmen zu einem der größten Automobilhersteller der Welt wurde.
Aufgrund gesundheitlicher Probleme, die durch mehrere Operationen verursacht wurden, durfte Winterkorn seine Aussage nicht vollständig selbst vortragen. Ein Teil seiner Aussagen wurde daher von seinen Anwälten vorgetragen. Der Lynx, dem er sich nach der Offenlegung des Skandals ausgesetzt sah, sei für ihn eine „schwere Belastung“ gewesen.
Die rechtlichen Konsequenzen des Diesel-Skandals wirken sich auch auf die derzeitige Lage von Volkswagen aus, da das Unternehmen mit einer möglichen Schließung von Werken in Deutschland konfrontiert ist. Auch eine Audi-Fabrik in Belgien steht in der Kritik, was die Sorgen um die Zukunft vieler Arbeitnehmer im Unternehmen verstärkt.
Eventuelle Einigung mit der Staatsanwaltschaft?
Winterkorn ist nicht der einzige hochrangige VW-Manager, der vor Gericht steht. Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler wurde jüngst zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt, nachdem er im Gegenzug für umfassende Geständnisse einen Prozessverkürzungsdeal ausgehandelt hatte. Im Bezug auf Winterkorn gab es beim Gericht in Braunschweig Diskussionen über das mögliche Entgegenkommen von Seiten der Anklage, jedoch wurde bisher kein konkretes Abkommen erzielt. Das Verfahren könnte sich über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr erstrecken, was bedeutet, dass die Zeit für eine mögliche Einigung noch besteht.
Die Situation bleibt angespannt, mit Winterkorns Verteidigung, die die Position des Angeklagten vertritt, und der Staatsanwaltschaft, die sich auf seine mögliche Schuld konzentriert. Mit dem Hintergrund des weiterhin belasteten Images von Volkswagen und der aktuellen rechtlichen Lage, wird das Verfahren mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.
– NAG