In den letzten Jahren hat das Bewusstsein für die Problematik des Cannabis-Konsums unter Jugendlichen zugenommen. Die Lohrer Suchtberater, die sich seit 2008 der Unterstützung junger Menschen widmen, die durchCannabiskonsum negativ aufgefallen sind, stehen nun vor neuen Herausforderungen. Unter dem Namen FreD, einem Programm zur Frühintervention, haben sie vielfältige Ansätze verfolgt, um betroffenen Jugendlichen zu helfen. Allerdings hat die aktuelle Gesetzeslage zur Straffreiheit von minderjährigen Cannabiskonsumenten gravierende Auswirkungen auf die geplanten Maßnahmen.
Bis April dieses Jahres war der Konsum von Cannabis für Minderjährige ein strafrechtliches Vergehen. Die Neuregelung hat nun dazu geführt, dass diese Jugendlichen nur noch mit einem Bußgeld belegt werden. Folglich ist die Teilnahme an einem FreD-Kurs, der häufig aufgrund gerichtlicher Auflagen angeordnet wurde, gesunken. In diesem Jahr fand bislang noch kein Kurs statt, was die Unterstützungsstruktur ins Wanken bringt.
Diversifizierung der Zugangsmöglichkeiten
Das FreD-Programm bietet verschiedene Wege für den Zugang. Schulen konnten Schüler, die beispielsweise beim Kiffen auf dem Schulgelände aufgefallen sind, in das Programm vermitteln. Auch Jugendämter verwiesen Teenager regelmäßig an die Suchtberater. Das Problem liegt jedoch darin, dass sich nur selten Jugendliche freiwillig für solch ein Programm anmelden. Laut Marcus Stein, dem Leiter der Psychosozialen Beratungsstelle der Caritas in Main-Spessart, wurden etwa 80 Prozent der Teilnahmen durch gerichtliche Auflagen veranlasst. Ein Umstand, der nun aufgrund der neuen Gesetzgebung verschwunden ist.
Die Suchtberater sind zwar erfreut, dass der Konsum nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird, erkennen jedoch auch die negativen Folgen dieser Entscheidung. Bereits jetzt deuten zahlreiche Berichte darauf hin, dass viele Jugendliche weiter exzessiv Cannabis konsumieren. Stein weist darauf hin, dass bei öffentlichen Veranstaltungen, wie zum Beispiel Festivals, immer häufiger große Mengen des Rauschmittels konsumiert werden, was nicht gerade zu einem Rückgang des Problems führt.
Bedarf an Suchtberatung für Jugendliche
Erschwerend kommt hinzu, dass es in der Region kaum Angebote für Suchtberatung speziell für Jugendliche gibt. Derzeit dürfen die Suchtberater der Caritas nur Erwachsene unterstützen. Trotz zahlreicher Versuche, das Angebot auszuweiten, gibt es bisher keine politische Einigung über die Finanzierung von Jugendberatungen. Eltern, die sich Sorgen um ihre Kinder machen, können zwar Beratungsstellen aufsuchen, jedoch fehlt den dortigen Fachkräften oft die spezielle Expertise, die Suchtberater mitbringen.
Die Debatte über eine flächendeckende Lösung für Bayern wird laut Florian Schüßler, dem Geschäftsführer der Caritas in Main-Spessart, immer drängender. Der aktuelle „Flickerlteppich“ aus verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten ist unzureichend und führt dazu, dass bedürftige junge Menschen weiterhin ohne Hilfe dastehen. Es müsse endlich geklärt werden, welches Ministerium für eine umfassende Suchtberatung der Jugendlichen zuständig ist.
Schüßler gibt zu bedenken, dass das aktuelle Angebot für Jugendliche – auch wenn es unregelmäßig war – trotzdem in der Vergangenheit als wertvoll erachtet wurde. Bis zu 30 Jugendliche wurden pro Jahr unterstützt, während insgesamt etwa 800 Beratungen in der Region stattfinden. Die Dunkelziffer von Jugendlichen mit Suchtproblemen könnte jedoch weitaus höher sein.
Die Suchtberater sehen einen großen Bedarf an Hilfsprogrammen, insbesondere da der intensive Konsum von Cannabis nicht die einzige Herausforderung darstellt. Viele Jugendliche sind auch von anderen Formen der Sucht betroffen, die von Alkohol bis zu digitalen Spielen reichen. Marcus Stein warnt, dass unbehandelte Probleme in der Jugend möglicherweise in der Erwachsenenwelt verstärkt auftreten können, sei es im Beruf oder in sozialen Beziehungen.
Die Wichtigkeit von Programmen wie FreD liegt nicht nur in der Prävention des Drogenkonsums, sondern auch in der Aufklärung über die möglichen Hintergründe von Suchtverhalten. Die Teilnehmenden lernen, wie ihr Konsum mit sozialen oder emotionalen Problemen, wie etwa dem Schulstress oder familiären Konflikten, zusammenhängt. FreD bietet zudem eine notwendige Anlaufstelle für Jugendliche, um zu erkennen, dass die Suche nach Hilfe nicht stigmatisierend ist, sondern eine positive Entscheidung, die sie auf den Weg zur Besserung führt.
Die Herausforderungen, vor denen die Lohrer Suchtberater stehen, sind zahlreich. Sie müssen nicht nur sicherstellen, dass die Präventionsprogramme weitergeführt werden, sondern auch Wege finden, um künftig Jugendliche besser zu erreichen. Ein Austausch zwischen verschiedenen Institutionen in Main-Spessart, der für den 27. September geplant ist, könnte neue Ansätze und Lösungen hervorbringen. Nur durch gemeinsames Handeln können wir eine wirksame Unterstützung für die gefährdeten Jugendlichen des Landkreises gewährleisten.
Die Abkürzung FreD steht für „Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten“. Dieses Gruppenangebot beleuchtet die Risiken und Wirkungen von Substanzen wie Cannabis. Ziel ist es, gefährdete Jugendliche über den schmalen Grat zwischen Konsum und Missbrauch aufzuklären und sie dabei zu unterstützen, gesundheitliche sowie soziale Probleme zu erkennen und zu bearbeiten.
– NAG