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Nach 40 Jahren: Abschied von Arnstein s Musikschulpionierin Martha Bolkart

Teaser: Bei einer feierlichen Verabschiedung im Arnsteiner Rathaus ehrte Bürgermeister Franz-Josef Sauer die langjährige Leiterin der städtischen Sing- und Musikschule, Martha Bolkart-Mühlrath, die nach vier Jahrzehnten entscheidenden Engagements für die kulturelle Bildung der Stadt nun in den Ruhestand geht.

In einer bewegenden Feierstunde am Rathaus in Arnstein wurde Martha Bolkart-Mühlrath von Bürgermeister Franz-Josef Sauer gewürdigt, der die langjährige Leitung der städtischen Sing- und Musikschule in Erinnerung rief. Über vier Jahrzehnte hinweg hatte Bolkart-Mühlrath nicht nur die Schule mitgegründet, sondern sie entscheidend geprägt. Als die Idee zur Musikschule 1984 ins Leben gerufen wurde, war es ein mutiger Schritt, der den kulturellen Horizont der Stadt erheblich erweiterte.

Der damalige Bürgermeister Roland Metz initiierte den Aufbau des Fördervereins und somit die Entwicklung der offiziellen Musikschule. Dies war ein klares Zeichen der Stadt, dass sie neben ihren grundlegenden kommunalen Aufgaben auch die kulturelle Bildung ernst nimmt. Bolkart-Mühlrath, frischgebackene Hochschulabsolventin, übernahm die Herausforderung, diese Schule mit viel Leidenschaft und Engagement aufzubauen. Von Anbeginn war es ihr wichtig, die Dorfgemeinschaft aktiv einzubeziehen.

Ein Kraftakt der Gemeinschaft

Die ersten Fortschritte ließen nicht lange auf sich warten. Zwei Jahre nach ihrer Gründung konnten bereits 150 Schüler unterrichtet werden, und im Jahr 2002 war die Zahl mit 400 Schülern auf dem höchsten Stand. In dieser Zeit war die Musikschule nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens in Arnstein. Die jährlichen Abschlussfeiern des Stadtrates wurden oft von musikalischen Darbietungen der Schüler bereichert, was die enge Verzahnung von Schule und Stadtgesellschaft verdeutlichte.

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Bolkart-Mühlrath zeichnete sich nicht nur durch ihre Kreativität aus, sondern auch durch ihre Fähigkeit, betriebswirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Sie führte ein engagiertes Team von Musiklehrern und sorgte stets für ein förderliches Arbeitsumfeld. „Wir waren ein echtes Superteam und gemeinsam haben wir stets an einem Strang gezogen. Die Musikschule war wahrlich mein Zuhause!“, betonte sie sichtlich bewegt.

In einem persönlichen Gespräch mit der Redaktion ließ Bolkart-Mühlrath die letzten Jahrzehnte Revue passieren. Aufgewachsen in Donauwörth, zog es sie nach dem musischen Gymnasium in Dillingen zur Hochschule für das Lehramt, wo sie Musik und Englisch studierte. Ihre Karriere nahm jedoch eine unerwartete Wendung, als sie die Chance erhielt, die neu gegründete Musikschule in Arnstein zu leiten. Mit der Unterstützung einer Akkordeongruppe als Startkapital war der Weg geebnet. Sie ging aktiv von Stadtteil zu Stadtteil, um für die Schule zu werben und Unterricht in Fächern wie Akkordeon, Gitarre und Klavier anzubieten.

Der Wandel im Unterricht

Bolkart-Mühlrath erinnert sich an die Anfänge: „Es war alles unbürokratisch und improvisiert. Wir haben sogar in einer Gaststätte in Gänheim Unterricht gegeben, was bedeutete, dass wir die Tische und Stühle erst umstellen mussten, bevor es losgehen konnte.“ Im Laufe der Jahre erweiterte sich die Musikschule um einen Chor und war sogar die erste Schule in der Region, die eine Gruppe für die Veh-Harfe einrichtete, was für viele Musikbegeisterte ein neues Angebot darstellte.

Jetzt, nach ihrem Rückzug aus der aktiven Berufstätigkeit, stellt sich die Frage, was die ehemalige Leiterin mit ihrer Zeit anfangen wird. Bolkart-Mühlrath bleibt weiterhin politisch aktiv, da sie als Stadträtin und Zweite Bürgermeisterin der Stadt Karlstadt engagiert ist. Außerdem unterstützt sie die Arbeiterwohlfahrt und freut sich darauf, endlich in den Genuss von Urlaub außerhalb der üblichen Schulferien zu kommen. Ihr großer Garten in Gambach wird ihr zudem die Möglichkeit bieten, sich intensiver um ihre Leidenschaft für die Gartenarbeit zu kümmern. Und sicher wird sie auch mehr Zeit finden, um wieder selbst Musik zu machen und ihre Kreativität auszuleben.

Ein neuer Lebensabschnitt

Mit dem Rückzug von Martha Bolkart-Mühlrath aus der Schulleitung neigt sich ein bedeutendes Kapitel in der Geschichte der Arnsteiner Musikschule dem Ende zu. Ihr unermüdlicher Einsatz und ihr Engagement haben Generationen von Schülern geprägt und die kulturelle Landschaft der Stadt nachhaltig bereichert. Die Stadt Arnstein und die musikalische Gemeinschaft werden die Arbeit der engagierten Lehrerin in dankbarer Erinnerung behalten und freuen sich auf das, was die Zukunft bringen wird.

Die Entwicklung der Musikschulen in Deutschland

Die Gründung und Entwicklung von Musikschulen in Deutschland ist ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen Bildung. Ab den 1960er Jahren erlebten Musikschulen einen Boom, als immer mehr Städte und Gemeinden in die kulturelle Aus- und Weiterbildung investierten. Zu dieser Zeit wurden zahlreiche Institutionen gegründet, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zur Musik zu ermöglichen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür legte das „Gesetz über die Musikschulen“ im Jahr 1977, das die kommunale Finanzierung dieser Bildungseinrichtungen regelte.

Musikschulen erfüllen heute eine zentrale Rolle in der kulturellen Förderung und sind nicht nur Orte des Musikunterrichts, sondern auch Begegnungsstätten für verschiedene Generationen und Kulturen. Ihnen kommt eine integrative Funktion zu, da sie oft auch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund ansprechen. Laut dem Deutschen Musikrat sind in Deutschland über 900 Musikschulen aktiv, die jährlich Millionen von Unterrichtsstunden anbieten und damit erheblich zur musikalischen Bildung der Gesellschaft beitragen.

Finanzierung und Herausforderungen der Musikschulen

Die Finanzierung von Musikschulen ist ein entscheidendes Thema. Während viele Kommunen bereit sind, in die kulturelle Bildung zu investieren, sehen sich die Einrichtungen häufig mit finanziellen Engpässen konfrontiert. Pädagogisch wertvolle Programme müssen oft aufgrund mangelnder Mittel eingeschränkt oder gar eingestellt werden. Die Diskussion über die angemessene finanzielle Unterstützung von Musikschulen wird in vielen Städten und Gemeinden geführt.

Im Jahr 2021 wurde im Rahmen des Förderprogramms „Neustart Kultur“ eine Initiative ins Leben gerufen, um die Kultur- und Musikbildungslandschaft in Deutschland zu stärken, die durch die COVID-19-Pandemie stark beeinträchtigt wurde. Dieses Programm zielte darauf ab, den Musikschulen besserer Bedingungen für den Unterricht zu bieten und damit auch deren finanzielle Basis zu sichern. Solche Initiativen sind zur Sicherstellung der langfristigen Existenz von Musikschulen unerlässlich und zeigen, wie wichtig die politische Unterstützung für kulturelle Bildung ist.

Kulturelle Bedeutung und gesellschaftlicher Einfluss

Die kulturelle Bedeutung von Musikschulen geht weit über den reinen Musikunterricht hinaus. Sie bieten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, soziale Fähigkeiten und Teamarbeit zu entwickeln, insbesondere durch die Teilnahme an Ensembles und Chören. Darüber hinaus stärken sie das Gemeinschaftsgefühl, indem sie regelmäßig öffentliche Konzerte und Veranstaltungen organisieren, bei denen Schüler ihre Fähigkeiten präsentieren können.

Studien belegen, dass musikalische Bildung einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Kindern hat. Sie fördert nicht nur die kognitive Entwicklung, sondern auch Kreativität, Selbstbewusstsein und soziale Kompetenz. In diesem Kontext sind Musikschulen ein wichtiger Akteur in der Gesellschaft und tragen zur individuellen und gemeinschaftlichen Entwicklung bei. Ihrer Rolle als kulturelle und soziale Institutionen wird oft viel zu wenig Beachtung geschenkt, obwohl sie einen erheblichen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten.

– NAG

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