In den letzten Wochen hat die geplante Erdgas-Probebohrung bei Reichling viele Menschen ins Nachdenken gebracht und zu intensiven Protesten geführt. Die Schlagzeilen rund um dieses Vorhaben der Genexco Gas haben sich mittlerweile auch auf die Region entlang des Lechs und bis zum Ammersee ausgeweitet. Die Bürgerinitiative „Reichling-Ludenhausen – gegen die Ausbeutung unserer Heimat“ sowie die Kreisgruppe Landsberg im Bund Naturschutz haben kürzlich eine Informationsveranstaltung in Dießen organisiert, um die Bewohner über die Risiken und Hintergründe der geplanten Bohrung aufzuklären.
Das Interesse an dieser Veranstaltung war bemerkenswert, insbesondere da ungefähr 60 Personen trotz der Ferienzeit teilnahmen, unterstützt von der örtlichen Klimalobby. Die Bohrung „Kinsau 1A“, die für September angesetzt ist, befindet sich zwar 13 Kilometer von Dießen entfernt, jedoch könnte eine dauerhafte Genehmigung im Rahmen eines zweiten Schrittes auch zu Bohrungen im Gemeindegebiet führen. Effekte könnten somit weitreichende Auswirkungen auf eine Vielzahl von Gemeinden in der Region haben, darunter Dettenhofen und Obermühlhausen.
Bedenken über Umwelt und Gesundheit
Ein bedeutendes Thema in den Diskussionen war die kritische Einschätzung der Umweltauswirkungen dieser Bohrung. Umweltverbände befürchten, dass Erdgas als fossile Energiequelle zur weiteren Erderwärmung beiträgt. Während der Förderung, Lagerung und dem Transport kann es zur Freisetzung von Methan kommen, was die Clima-Gefahr erhöht. Zusätzlich wird bei der Verbrennung des Gases Kohlendioxid freigesetzt, was die Klimaerwärmung weiter vorantreibt.
Die geplante Probebohrung könnte sich nur 150 Meter von einem Flora-Fauna-Habitat und 200 Meter von einem Trinkwasserschutzgebiet befinden, was bei den Anwohnern zusätzliche Besorgnis auslöst. Sie befürchten nicht nur mögliche Umweltverschmutzungen durch die Bohrung selbst, sondern auch durch die Nebenprodukte der Erdgasförderung. Insbesondere Themen wie steigende Wasserpreise, mögliche Straßenschäden durch den Schwerlastverkehr und einen Wertverlust ihrer Immobilien beschäftigen die Betroffenen.
Ein unserer Initiatoren, Franz Osterrieder, äußerte: „Überall, wo wir hinkommen, hat zuvor fast niemand von der Bohrung gehört. Wir wollen jedoch die Bürgerschaft nicht verunsichern, sondern die Fakten präsentieren.“ Gemeinsam mit Experten wurden die Lage und die Argumentation der Bürgerinitiative in der Dießener Sportgaststätte vorgestellt, wobei kein einheitliches Plädoyer für die Erdgasförderung zu vernehmen war.
Die örtliche Bürgermeisterin Sandra Perzul plant, mit ihren Amtskollegen der Nachbargemeinden in einen Dialog über das Thema zu treten. Zudem wurde die Bitte geäußert, das Thema im Marktgemeinderat öffentlich zu diskutieren.
Vorgeschichte der Bohrungen
Die Region hat möglicherweise bereits negative Erfahrungen mit solchen Bohrungen gemacht. Im Jahr 1983 bohrte Mobil Oil fast vier Kilometer tief und stieß dabei zwar auf Erdgas, jedoch war die Nutzung unprofitabel. Massen von Erdgas wurden verbrannt, was zu erheblicher Luftverschmutzung führte. Diese historischen Fakten werfen die Frage auf, ob die aktuellen Investoren eine bessere Strategie haben, um ihre geplanten Maßnahmen wirtschaftlich profitabel zu gestalten.
Die bevorstehende Probebohrung wird von der Genexco Gas unter der Leitung von Eckhard Oehms organisiert. Diese Gesellschaft ist Teil des kanadischen Konzerns MCF Energy, der mit dem Ziel gegründet wurde, die Energiesicherheit Europas durch die Erschließung von Erdgasressourcen zu erhöhen. In Anbetracht der aktuellen Marktentwicklung und der sinkenden Gaspreise, könnte das finanzielle Risiko jedoch steigen, insbesondere wenn die initialen Pläne nicht gewünschten Erfolg bringen.
Ein markantes Detail ist, dass die Gaspreise, die sich nach einem zunächst dramatischen Anstieg aufgrund geopolitischer Spannungen stabilisiert haben, in den letzten Monaten stark gesunken sind. Während MCF Energy mit einem hohen Aktienwert gestartet ist, hat sich dieser in den letzen Monaten stark verringert.
Die Debatte über Erdgas in der Region ist damit nicht nur ein lokales Problem. Sie reflektiert ein größeres, globales Thema über fossile Brennstoffe und deren Rolle in der Zukunft. Während die bayerische Landesregierung bis 2040 Klimaneutralität anstrebt, stellt sich die Frage, ob solch eine Entwicklung im Widerspruch zur Erschließung von fossilien Ressourcen stehen kann.
– NAG